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Ausgabe 1/2020


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 GRUBERICH: Im wilden Alpinistan
GRUBERICH
Im wilden Alpinistan
(Eigenverlag)


Sie haben die Creole Global 2018 gewonnen, und wie sagt man so schön: Von nix kommt nix. Dass Bajuwaren im Grunde genommen Weltmusiker sind, haben wir schon lange geahnt, lässt doch allein die geografische Lage zwischen Italien, Österreich, der Schweiz und den Balkanländern vielfache musikalische Einflüsse vermuten. Bei Gruberich verschmelzen unter anderem bayerischer Zwiefacher mit Tango Nuevo oder Musette-Walzer mit Milonga, und alles vereint sich Im wilden Alpinistan zu einem Gesamtkunstwerk auf allerhöchstem Niveau. Tiefengrundierte Basssentenzen auf Maria Friedrichs Violoncello steigern sich bis in jubilierende Höhen, vermischen sich mit groovenden Akkorden auf dem von Thomas Gruber virtuos traktierten Hackbrett oder dem tief aus allen Balgen schnaufenden diatonischen Akkordeon, während Sabine Gruber-Heferleins Harfe sphärische Klänge und gezupftes Feingefühl verbreitet. Vielschichtig mäandernde musikalische Strukturen, hingetupfte Pizzikati, ausufernde Akkorde im Breitwandsound lassen Klanggemälde im Kopf entstehen. Eine Fülle skurriler Ideen und Themen hat Thomas Gruber in kompositorische Glanzstücke gegossen, die vom ersten bis zum letzten Ton immer wieder neu verzaubern.
Ulrich Joosten
 DA DING: Mehr vom Weniger
DA DING
Mehr vom Weniger
(Bassgarten)


Wer ein Faible für den gepflegt bajuwarisch-schrägen Wortwitz hat, ist hier genau richtig! Beispiel gefällig? Da wäre zum Beispiel die bittersüße Klage eines Vielbeschäftigten: „Arbat, Familie, Haus und Hund – / I kumm ja nimmer dazua. / Auto, Ausflug, Freizeitgrund – / I kumm ja nimmer dazua …“ – tja, und was ist dafür der Grund? „Mit der Tanja und der Anja, / ja, da wars lustig und wir ham glacht, / doch sie wolln Cumbia, Cumbia tanzen / den ganzen Tag und die ganze Nacht.“ Na klar, dass er stöhnt: „I cumbia nimmer dazua …“ Oder die Gerhard-Polt-Variante von Samuel Beckett: „Mir warten, dass der Dillinger kimmt. / Gsagt hat er, dass des Gerüst da steht, / dass de Baustell weitergeht“ – doch der kimmt ned, also fahren die Arbeiter heim und treffen auf eine straßenbauliche Neuerung: „Mir fahrn an Kreisverkehr, / an nigelnagelneuen Kreisverkehr.“ Womit wir direkt bei den Eberhofer-Krimis wären (Dampfnudelblues etc.), wo der Kreisverkehr ja auch eine zentrale Rolle spielt … Doch bei allem Wortwitz – die zwölf Songs des Quartetts sind nicht ausschließlich aus der Gaudiabteilung, sondern eine feine Mischung aus Sozialkritik, Nachdenklichkeit und – nun ja – eben auch galligem Humor. Fast wia im richtigen Leben.
Walter Bast

 THE HOODIE CROWS: Two In The Bush
THE HOODIE CROWS
Two In The Bush
(Prosodia), mit dt./engl. Infos u. engl. Texten


Stephen Gabriel, der schon auf dem 2016er-Debütalbum On The Wing mit seiner Querflöte immer wieder den Ton angab, ist zwar auf beiden CDs „nur“ ein Gastmusiker, gibt aber dem Gesang und Saitenspiel des Duos Sebastian Barwinek (Gesang, Bouzouki, Mandola, Gitarre, Mandoline, Harmonika, Bodhrán, Percussion) und Johannes Single (Gesang, Gitarre, Banjo, Mandoline, Bass) immer wieder einen ganz besonderen Drive. Ja, wir sind in irischen Gefilden, wenngleich die Heimat des Duos in Hessen bzw. Baden-Württemberg liegt. Zusammen mit neun weiteren Gastmusikern und -musikerinnen (Michael Blum, Alexandra Bücking, Hans Eckert, Bettina Kühn, Franziska Müller, Christine Rauscher, Jürgen Zimmer sowie Johannes Schiefner an den Uilleann Pipes und Gudrun Walther an Fiddle und Box) zaubern sie einen volltönenden Bandsound, der einen durch die zwölf Tracks trägt. Zumeist sind es selbst geschriebene Balladen, die durch besagte Instrumentalbegleitung und -zwischenspiele, aber auch durch den Gesang selbst spannend und kurzweilig, oft gar durch und durch ergreifend erzählt werden. Eine sehr schöne Scheibe!
Michael A. Schmiedel
 TOM KELLER: Where Are You Brother
TOM KELLER
Where Are You Brother
(Gim Records)


Tom Keller mixt geschickt Popstrukturen mit Americana-Sounds. So klingt der eine Song gleichzeitig nach Cat Stevens und Coldplay, der nächste nach einer Mischung aus Jackson Browne und Marius Müller-Westernhagen und der dritte nach Leonard Cohen im Duett mit Ed Sheeran. Die Produktion ist ausgesprochen glatt und radiotauglich, die Begleitmusiker spielen mit einem Höchstmaß an Präzision – kein Wunder, stammen diese doch aus den bekannteren Bands des Popgenres. Soulfreunde kommen genauso auf ihre Kosten wie Hammondorgel-Fans, Gitarrenhelden oder Mumford-&-Sons-Jünger. Begleitet von einer wundervollen Begleitsängerin kann mancher Titel auch den Common Linnets beim ESC Konkurrenz machen. Dem Punk wird an diesem Album das Rotzige fehlen. Tom Keller hätte das sicherlich auch drauf, man hat sich aber auf einen politisch korrekten, leicht hörbaren Radiosound beschränkt. Das ist auf jeden Fall besser als das meiste, was die Hitparaden dem Folkfan bieten, aber dennoch, etwas mehr durchgeschwitztes Hemd wäre schon schön gewesen.
Chris Elstrodt

 KELPIE: Danse Mi Vise
KELPIE
Danse Mi Vise
(Westpark Music)


„Tanz auf meine Weise“ heißt das in Norwegen vielgesungene Lied, das der neuen Kelpie-CD seinen Titel gibt. Und auf ihre eigene, unverwechselbare Weise spielen die norwegisch-deutsche Gitarristin und Sängerin Kerstin Blodig und der schottische Fingerstylevirtuose Ian Melrose seit 23 Jahren zusammen. Auf ihrem sechsten Album laden sie uns nach zwei Winter-CDs mit einem „Allwetteralbum“ auf eine musikalische Reise durch keltische und skandinavische Klangräume ein, mit traditionellen, eigenen und gecoverten Lieblingsliedern wie Paul Simons „Born At The Right Time“ oder „Dearg Doom“ von den Horslips. Eingespielt auf akustischen Gitarren, die traumhaft miteinander harmonieren und sich trotz unterschiedlicher Stimmungen und Spieltechniken (Melrose Fingerstyle, Blodig Plektrum/Tapping) zu einer filigranen, transparenten Einheit fügen. Gelegentlich setzen die beiden Gastmusiker Martin Lillich und Urs Fuchs mit dem Kontrabass tiefengrundierte Akzente. Das Album schließt mit einer atemberaubenden Kelpie-Version des Gershwin-Klassikers „Summertime“, bei dem Kerstin Blodigs glasklarer Mezzosopran besonders schön zur Geltung kommt. Ein exzellent produziertes Album voller Emotion und Magie.
Ulrich Joosten
 HENNING PERTIET: Best Of 30 Years In Blues & Boogie
HENNING PERTIET
Best Of 30 Years In Blues & Boogie
(Stormy Monday Records)


Der Hamburger Blues- und Boogiepianist Henning Pertiet zeigt auf diesem ganz wunderbaren Doppelalbum seinen musikalischen Werdegang seit 1993 auf, und da ist so einiges passiert. Beginnend mit vier Stücken aus der Zeit mit der Mojo Blues Band, gibt es auch solche im Duo, bei denen neben Henning Pertiet jeweils Michael Maas oder Andreas Bock an den Drums zu bewundern sind. Ein weiteres Duo ist das mit seinem Onkel Gottfried Böttger, der ebenfalls ein hervorragender Pianist war. Drei Liveaufnahmen von 2019 mit dem Gitarristen Abi Wallenstein zeigen Henning Pertiet dann ganz nah am … – ach, Unsinn, knietief im Blues muss es heißen. Ein Highlight dabei ist das siebeneinhalbminütige „Wild Cow Blues“; hier Abi Wallensteins heisere Stimme und seine roh angeschlagenen Riffs und Akkorde, dort Henning Pertiets Pianospiel, ebenfalls im Blues schwelgend, aber immer elegant um Stimme und Gitarre mäandernd und diese sanft und warm auffangend. Mit Peter Müller am Bass und Dani Gugolz am Schlagzeug geht es dann in Triobesetzung weiter. Neun Livestücke von 2019 bringen Blues der geschmeidigen Sorte, ebenso wie das Trio mit Micha Maas am Schlagzeug und dem fantastischen Sänger Henry Heggen.
Achim Hennes

 SHKOON: Rima
SHKOON
Rima
(Shkoon Music), keine Texte u. Infos (Digitalalbum)


Leise Geräusche, kurz darauf eine Pianomelodie, noch eine weitere und eine dritte, sich dezent einschleichende Computerrhythmen, später eine Orgel, schließlich eine Geige und arabischer Gesang – nach und nach erobern Shkoon die Gehörgänge, und ehe man sich’s versieht, ist man mittendrin in den hypnotischen Dance Grooves des Trios aus Hamburg. Ameen (Gesang, Rhythmen), Maher (Violine) und Thorben (Klavier, Synthesizer, Arrangements) präsentieren eine gelungene Melange aus westlichem Downbeat, Dub, Deep House, Hip-Hop und arabischer Musik. Letztere greift sowohl klassische als auch folkloristische Motive auf und überzeugt dabei durch virtuose Kanun-Passagen. Dass das Leben jedoch weit mehr ist als eine große Party, beweisen die Texte, beispielsweise der Titeltrack, in dem eine Mutter ihrem Kind heimelige Geschichten erzählt, während um beide herum das Chaos tobt. Auch hat der Ernst des Lebens die beiden Bandmitglieder aus Syrien geprägt, die dem Krieg in ihrer Heimat streckenweise nur zu Fuß entkamen und nun als Flüchtlinge immer wieder bangen müssen, ob sie Visa für Konzerte beispielsweise in der Türkei, im Libanon oder in Tunesien erhalten.
Ines Körver
 SVENSON: Lotterlurch
SVENSON
Lotterlurch
(Timezone)


Musik im Schleudergang – frecher Rock ’n’ Roll und tanzbares Cajun-Akkordeon wirbeln durcheinander mit Deutschpop, irischem Folk à la Pogues und rotziger Punkattitüde. Die vierköpfige Osnabrücker Band Svenson hat ihren eigenen Stilmix, macht Tempo und dreht die Verstärker auf. Ihr zweites Album Lotterlurch setzt mächtig auf gut gelaunte Partystimmung. Julia Kruse und Sven Stumpe singen in ihren humorvollen deutschsprachigen Songs über das Sich-Betrinken, Herz-Schmerz-Lieder übers Verlieben, Sich-Betrügen und Wieder-Trennen. Auf der Titelliste ist aber auch ein Stück über einen Punkrock-DJ und sogar einer über eine Tupperparty. Die Songs machen Spaß, weil sie von einem schwungvollen Schlagzeug und einer wild rockenden E-Gitarre vorangetrieben werden. Das Akkordeon gibt dem Album einen schönen Folkrockkick. Die CD eignet sich für die Tanzfläche genauso wie zum Zuhören an der Theke. Auf diesem neuen Album hat sich die Gruppe von Coverversionen gelöst und präsentiert größtenteils eigene Songs – durchaus mit Ohrwurmqualität.
Udo Hinz

 NORMAN SWOBODA: Western Songs & Northern Tunes
NORMAN SWOBODA
Western Songs & Northern Tunes
(Eigenverlag)


Manchmal verliebt man sich in ein Album und kann auf Anhieb gar nicht so genau erklären wieso. Western Songs & Northern Tunes ist ein solches Album. Der Opener ist irgendwo zwischen den Eagles und CSNY in bester Americana-Tradition angesiedelt, es folgt ein vom Irish Folk angehauchter Song, der auch von Dónal Lunny stammen könnte, begleitet von einem Satzgesang im Stile von Clannads Macalla. Anklänge an America folgen, geschickt begleitet von einer Sitar in George-Harrison-goes-India-Poptradition. Es folgt eine Reminiszenz an Jethro Tull, nur dass statt Querflöte ein an Mark Knopfler erinnerndes Gitarrensolo eingesetzt wurde. Die Kompositionen leiht sich Swoboda von den großen englischen Folkbands Fairport Convention und Pentangle, die Stilistik der Songs von den Folklegenden Irvine oder Gaughan. Die Klangfarbe des Sängers ist nicht außergewöhnlich, aber extrem wandelbar, ebenso sein überragendes Gitarrenspiel. Hier weiß jemand genau, was er kann und wie er wirkt, und setzt es auf höchstem Produktionsniveau ein. Quasi als Bonustrack gibt es ein Cover von Bob Dylan und fünf irische Instrumentals in Erinnerung an Swobodas Irish-Folk-Album.
Chris Elstrodt