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Ausgabe 6/2019


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International
 EMEL MATHLOUTHI: Everywhere We Looked Was Burning
EMEL MATHLOUTHI
Everywhere We Looked Was Burning
(Partisan Records)


Zwischen 2010 und 2011 war sie mit ihrem Song „Kelmti Horra“ („Mein Lied ist frei“) die musikalische Ikone der tunesischen Revolution. Inzwischen lebt die 37-jährige Sängerin und Gitarristin verheiratet in den USA und legt mit Everywhere We Looked Was Burning ihr drittes Album vor. Gleich zu Anfang fällt auf, dass sie den Großteil ihrer neuen Songs in amerikanischem Englisch geschrieben hat. Dass ihr eine gewisse Sprachbegabung eigen ist, bewies sie schon vor Jahren, als sie recht akzentfrei Rammsteins „Frühling in Paris“ coverte. Ansonsten blieb sich Emel Mathlouthi weitgehend treu, philosophiert über die elementaren Dinge des Lebens, klagt politische und gesellschaftliche Missstände an und blickt zumeist recht pessimistisch in die Zukunft. Nachvollziehbar. Musikalisch setzt sie einmal mehr auf einen stark verhallten Gesang, schlichte Folkmelodien und viele Naturgeräuschsamples und andere Effekte aus den Festplatten von Fairlight & Co. Einmal mehr fällt auf, welch immensen Einfluss Kate Bush, Sally Oldfield, die irischen Brennan-Schwestern oder Björk auf die Klangwelten nachfolgender Sängerinnen gehabt haben. Alles in allem also ein adäquater Nachfolger von Ensen (2017).
Walter Bast



Afrika
 DIVERSE: Alefa Madagascar! Salegy, Soukous & Soul From The Red Island
DIVERSE
Alefa Madagascar! Salegy, Soukous & Soul From The Red Island
(Strut Records)


Anfang der Neunzigerjahre hatten sich die US-Promi-Gitarristen Henry Kaiser und David Lindley auf eine musikalische Expedition begeben. Sie hatten Madagaskar, die „rote Insel“ im Indischen Ozean, zum Ziel – seinerzeit noch ein wahrlich weißer Fleck des sogenannten „Weltmusik“-Genres. Mit zwei CD-Kompilationen (A World Out Of Time), die die seinerzeit aktuelle madagassische Szene dokumentierten, ebneten sie Bands wie z. B. Tarika oder dem Ny Malagasy Orkestra den Weg für Konzerte weltweit. Aber die Vorgeschichte blieb weiter im Dunkeln. Dem leistet Strut Records nunmehr verdienstvolle Abhilfe. Aus den Archiven wurden 18 mehr oder weniger repräsentative Aufnahmen hervorgeholt, die zwischen den Jahren 1974 und 1984 entstanden. Die Namen der vertretenen Ensembles und Künstler sind wohl vergessen und international unbekannt geblieben – was aber zweitrangig ist. Die Auswahl ist auf jeden Fall spannend und die Vielfalt der Stile und Sounds faszinierend. Hier treffen einheimische Tanzmusik, wie zum Beispiel der flotte Salegy, mit anderen tanzbaren Stilen des afrikanischen Kontinentes, u. a. dem kongolesischen Soukous, aber auch Soul und Funk zusammen. Heraus kommen groovige, bisweilen natürlich leicht angestaubte, aber stets hörenswerte Mixturen.
Roland Schmitt



Nordamerika
 MICHAEL JEROME BROWNE : That’s Where It’s At!
MICHAEL JEROME BROWNE
That’s Where It’s At!
(Borealis Records)


Dass Soul, Gospel, Spirituals und der Blues in ihrer reinen Form aus dem Süden der USA stammen und alles miteinander verwoben ist, das zeigt der Sänger und Gitarrist Michael Jerome Browne mit den 14 Stücken dieser CD. An Instrumentierung benötigt er dazu nicht viel: 6- oder 12-saitige akustische Gitarre, Banjo, Mundharmonika. Auf fünf Stücken kommt dezentes Schlagzeug dazu. Als Gastsänger sind mit jeweils einem Song Eric Bibb und Roxanne Potvin zu hören, und zweimal begleitet ihn Harrison Kennedy. Browne singt mit sanfter, angenehmer Stimme, sein Spiel auf der Gitarre ist technisch brillant und über die Maße versiert. Er benutzt unterschiedliche Gitarrenstimmungen, bei denen er zudem noch einzelne Saiten herauf- oder herabstimmt. Auch dadurch bekommen die Stücke einen sehr individuellen Ausdruck. Ein schönes Beispiel dafür ist das Spiritual „Pharaoh“, das in zwei ganz unterschiedlichen Versionen zu hören ist. Einmal zum Ausklang des Albums, auf dem Banjo gespielt und ganz nah an den afrikanischen Wurzeln, und auch die andere Version mit zweistimmigem Gesang und slidegespielter Gitarre gelingt ganz vortrefflich und ist eine Einladung, all die wunderbare Musik der CD zu entdecken.
Achim Hennes
 BRUCE COCKBURN: Crowing Ignites
BRUCE COCKBURN
Crowing Ignites
(True North Records)


Dass Singer/Songwriter Gitarre spielen, ist nicht ungewöhnlich. Manche können das sogar sehr gut. Ein derart exzellentes Gitarrensoloalbum abzuliefern ist allerdings mehr als bemerkenswert. Die Rede ist von Bruce Cockburn, der nach Speechless (2005) sein zweites reines Instrumentalalbum vorstellt. Was für ein prachtvolles musikalisches Statement! 6- bis 12-saitige Erzählungen, wortlose Geschichten, die vielfache Assoziationen wecken. Der aufregende Opener „Bardo Rush“ legt zumindest im Titel bereits eine Spur nach Tibet, die in „Bells Of Gethsemane“ mit seinem magischen, durch Klangschalen, Gongs und Zimbeln geschaffenen Klangraum vollständig erblüht. „Pibroch: The Wind In The Valleys“ beschwört die Heimat der schottischstämmigen Cockburns. Darauf verweist auch der etwas kryptische Albumtitel, der eine der möglichen Übersetzungen des Cockburn-Familienwappens wiedergibt. Traditionelle Bezüge sind auch in der Hommage an den Bluesheroen Blind Willie Johnson („Blind Willie“) oder im bluesig-trancigen „The Groan“ mit seinem faszinierenden Handclapping vorhanden. Wie sagt Cockburn zu „Sweetness And Light“ in den Liner Notes so schön: „A gift … there was nothing else to call this.“ So ist es, Crowing Ignites ist ein reines Geschenk.
Rolf Beydemüller

 RONNIE EARL AND THE BROADCASTERS: Beyond The Blue Door
RONNIE EARL AND THE BROADCASTERS
Beyond The Blue Door
(Stony Plain Records)


Na, und was erwartet einen jenseits der blauen Tür? Das ist schnell gesagt: Die feinste, vom Blues geprägte Musik. Gespielt von Ronnie Earl mit seinem klaren, perlenden Gitarrenton, seiner fantastischen Band The Broadcasters und einer Reihe nicht minder virtuoser Musiker ist dieses Album ein Lehrstück in Sachen Coolness, Abgeklärtheit, Ausdruck und Emotion. Stellvertretend für alle 15 Songs sei hier nur das Stück „A Soul That’s Been Abused“ herausgestellt. Eine Eigenkomposition von Ronnie Earl, ein Slow Blues, der sich über zehn Minuten hin erstreckt und alles beinhaltet. Eine kurze Melodie zu Beginn gibt das Thema vor, gefühlvoller Gesang setzt ein (Diane Blue), ein hinreißender Dialog von Saxofon (Greg Piccolo) und Gitarre, und dann diese endlos langen Töne der Hammond B3 (Dave Limina). Obendrauf Ronnie Earls Gitarrenspiel, so klar, so verschwenderisch im Umgang mit der Zeit, der Ton wird gespielt, gedehnt, gezogen und geformt, der ganze Prozess auf dem Weg dahin geht durch Mark und Bein. Und das Beste ist, dies war nur eines der 15 Stücke, die anderen stehen ihm in Ausdruck und Finesse keineswegs nach. Man muss ihn eben nur beschreiten, den Weg durch die blaue Tür.
Achim Hennes
 CHRIS GANTRY: Nashlantis
CHRIS GANTRY
Nashlantis
(Drag City Records)


Gantry wurde in den frühen Siebzigern von Johnny Cash sehr gefördert, doch seine beiden damals erschienenen überdrehten psychedelischen Folksongalben fanden gar keinen Anklang. Ein drittes wurde gar nicht mehr veröffentlicht. Danach machte er Ewigkeiten keine Musik mehr, sondern konzentrierte sich auf Theaterarbeit. So ist es erstaunlich, Neues von ihm auf dem kleinen, avantgardeorientierten Drag-City-Label aus Chicago zu finden. Leider ist der eigenbrötlerische Charme der frühen Jahre auf Nashlantis nicht mehr zu finden. Seine Stimme ist rauer geworden, doch klingt seine Musik weniger abenteuerlustig. Trotzdem schön, wieder was Neues von ihm zu hören, das insgesamt ein wenig aus der Zeit gefallen zu sein scheint.
Michael Freerix

 HOUSE AND LAND: Across The Field
HOUSE AND LAND
Across The Field
(Thrill Jockey Records)


Es geht ein eigentümlicher Zauber aus von diesen beiden Frauen, der Fiddlerin und Banjospielerin Sally Anne Morgan und der Multiinstrumentalistin Sarah Louise. Sie interpretieren alte Lieder der Appalachen, der Ozarkberge und aus Großbritannien in ihrem Sinne. Das klingt, als ob es vor Hunderten Jahren schon Aufnahmegeräte gegeben hätte, und doch auch modern, archaisch, psychedelisch, verschroben und mutig. Das Duo aus Asheville in North Carolina bedient sich der alten Balladen mit Respekt, verändert aber die Texte in seinem Sinn, gibt ihnen eine weibliche Perspektive und verleiht den Liedern so neue Authentizität. „Es wird den Songs gerecht, sie so zu singen, wie du sie fühlst, selbst wenn das bedeutet, einige Wörter zu ändern“, sagt Sally Anne Morgan. Oder sie lassen die Wörter einfach komplett weg und machen aus „Carolina Lady“ ein extrem faszinierendes Instrumental, in dem auch eine angezerrte E-Gitarre wie selbstverständlich ihren Platz im akustischen Kosmos findet. Der Harmoniegesang der beiden wirkt rau, keineswegs niedlich. Ihre Musik kommt aus den Tiefen der Zeit, die ihre Schönheit zögernd preisgibt. Und sie wirkt hypnotisierend auf alle, die sich darauf einlassen.
Volker Dick
 EILEN JEWELL: Gypsy
EILEN JEWELL
Gypsy
(Signature Sounds Recordings)


Das erste Stück ein Countryrocker mit schmutzigem Fiddlesolo, das zweite eine Ballade, das dritte voller Western Swing, das vierte mit New-Orleans-Touch. Eilen Jewell scheint sämtliche Stile zu beherrschen, die tiefe Wurzeln in der Musik der USA geschlagen haben. Auf ihrem neunten Album zeigt die vierzigjährige Songschreiberin aus Cambridge, Massachusetts, gelebte Vielfalt. Das Titelstück wirkt wie in eine Klanglandschaft von Daniel Lanois getaucht, „Beat The Drum“ bildet einen düsteren Ein-Akkord-Aufruf, Widerstand zu leisten und an seine Träume zu glauben, während „These Blues“ als klassisch anmutender Countryheuler mit Pedal Steel, Twang-Gitarre und Fiddle daherkommt. Dazu singt sie von schlechten Beziehungen, der Suche nach Schlaf und beschwört die harten Zeiten, sie mögen sich bitte von ihr fernhalten. „Who Else But You“ bietet Folkiges ohne Akustikgitarre, und in „Witness“ beschwört Eilen Jewell mit einer Soulballade samt Bläsern auch diesen Geist. Sie verabschiedet sich dann in aller Stille mit „Fear“ und dem Ratschlag, nicht die Angst als Ratgeber zu wählen. Wussten wir zwar schon, aber wenn es in dieser Eindringlichkeit noch mal gesagt wird, dann gern immer wieder.
Volker Dick

 LEAF RAPIDS: Citizen Alien
LEAF RAPIDS
Citizen Alien
(Coax Records), mit engl. Texten u. Infos


„Der ausländische Bürger“, so könnte man den Albumtitel des Alternative-Folk-Duos aus Winnipeg übersetzen. Sängerin Keri Latimer hat hier die Geschichte ihrer Großeltern aufgearbeitet, die als angeworbene Einwanderer aus Japan in Kanada landeten, dort aber im Zuge des Zweiten Weltkrieges in die USA ausgewiesen wurden, wo sie als ausgebeutete Arbeiter ihr Leben darbten. Aus der Familienhistorie entwickelte Latimer klassische Folkthemen, wie das der Urgroßmutter, die auf ihren kanadischen Ehemann, mit dem sie über eine Heiratsagentur zusammenkam, mit einer Schere einstach. Der klassische Folksound, oft im Walzertakt, ist zwar immer vorhanden, trifft aber auf ausgeklügelte Arrangements mit leichtfüßigen Country- und Dream-Pop-Sounds. Dazu werden Lap Steel Guitar, Bläser, Theremin oder Orgelklänge eingesetzt, die diesen Folk sphärisch, ja manchmal fast kitschig wirken lassen, was auch mit der überaus zarten Stimme Keri Latimers zu tun hat. Ehemann Devin spielt übrigens Bass, dazu gesellen sich etliche Mitmusiker. Mit der Instrumentierung vermied man, dass die Songs angestaubt klingen. Irgendwann geht das ganz gut ins Ohr.
Hans-Jürgen Lenhart
 CARLA OLSON & TODD WOLFE: The Hidden Hills Sessions
CARLA OLSON & TODD WOLFE
The Hidden Hills Sessions
(Redparlor Records)


Der Webauftritt von Carla Olson wirkt etwas vernachlässigt, und schon lange ist kein reguläres Album mehr von ihr erschienen. Offensichtlich hat sie sich auf Musikproduktionen verlegt, was schade ist, denn ihre Stimme wird in dieser Welt doch sehr vermisst, so eigenartig und charaktervoll wie sie eben ist. Schön nun, dass es doch etwas Neues von ihr gibt, eine Session mit ihrem langjährigen Gitarristen und Mitstreiter Todd Wolfe, der seine Brötchen als Begleitmusiker und Songschreiber für Sheryl Crow verdient. Diese Sessions sind rein akustisch gehalten, eine Mischung aus eigenen und fremden Songs. Es macht wirklich Freude, wie die beiden aus Songs von Stevie Winwood und Jagger/Richards noch interessante Facetten herausarbeiten, ohne dass diese Coverversionen überflüssig wirken. Und die eigenen Songs haben keinen Hauch von Zeitgeist, sie stehen immer in einer Klasse für sich.
Michael Freerix

 JOHN CEE STANNARD: Moving On
JOHN CEE STANNARD
Moving On
(Castiron Recordings)


Bereits 1968 war John Stannard Mitgründer der Folkband Tudor Lodge, die zumindest im Süden Englands, ihrer Heimatregion, hohen Bekanntheitsgrad genießt. Die Band ist bis heute aktiv. Daneben gab es immer schon das Trio John Cee Stannard & Blues Horizon, bei dem der Sänger und Gitarrist von Mike Baker an der Gitarre und Howard Birchmore an der Mundharmonika begleitet wird. Diese drei sind dann auch die Kernmannschaft des vorliegenden Albums, das mit zahlreichen weiteren Musikern im Big-Band-Format aufspielt. Diverse Gitarristen, eine Horn Section, vier Backgroundsängerinnen, Orgel und Akkordeon sorgen für große musikalische Vielfalt und Abwechslung. Alles orientiert sich am Blues, hier in seiner eleganten Spielart, der Soul und Jazz sind stets zum Greifen nah. Sehr geschmackvoll, immer stilsicher und mit großem Spielwitz, das trifft auf jedes der Stücke zu. Maßgeblichen Anteil daran hat der mitunter etwas schräge Gesangstil von John Cee Stannard, der es auch als Komponist versteht, jedem Stück eine kleine besondere Wendung zu geben. So zitiert er beispielsweise in „Price Of Your Sin“ das unverwüstliche „Stormy Monday“ oder zeigt sich in „Evenin’ Sun“ auch als veritabler Banjospieler.
Achim Hennes