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Ausgabe 5/2019


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 SI KAHN AND THE LOOPING BROTHERS: It’s A Dog’s Life
SI KAHN AND THE LOOPING BROTHERS
It’s A Dog’s Life
(Strictly Country Records), mit Texten


Ob ein Hundeleben ein gutes ist, liegt ganz im Auge des Betrachters. Der Hund im titelgebenden Song sieht es vermutlich anders als das Herrchen. Der US-amerikanische Liedermacher und politische Aktivist Si Kahn betrachtet seit über vierzig Jahren in seinen Liedern die gesellschaftlichen Verhältnisse aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Ob er in „Aragon Mill“, seinem bekanntesten und vielfach gecoverten Song, über die Situation der Arbeitslosen nach einer Betriebsschließung berichtet oder gegen die Umweltverschmutzung in der Bristol Bay in Alaska ansingt – seine Texte berühren. Auf dem vorliegenden Album ist es „Rats In A Maze“ über Arbeiter einer Schiffswerft, die aufgrund ständiger Asbestbelastung an Krebs erkranken, das besonders in Erinnerung bleibt. Die wohl renommierteste deutsche Bluegrassband Looping Brothers präsentiert dreizehn Kahn-Songs, von denen zehn hier erstmals veröffentlicht werden, in mitreißenden, aber jederzeit textdienlichen Arrangements. Zu dreien davon steuert der Meister höchstselbst den Leadgesang bei, den Rest der Songs teilen sich Ulli Sieker (Mandoline, Fiddle), Matthias Malcher (Gitarre, Banjo) und Ralf Strothmann (Bass). Intelligente Songs in Bluegrassarrangements auf internationalem Spitzenniveau.
Ulrich Joosten
 WALSHY FIRE : Abeng
WALSHY FIRE
Abeng
(Mad Decent)


Als DJ, Plattenproduzent und MC des Trios Major Lazer ist der gebürtige Jamaikaner Leighton Paul Walsh (aka Walshy Fire) bestens vernetzt. Und wie bei seinem Bruder-im-Geiste, Manjul, so ist es auch Walshs Bestreben, für Reggae gleichsam eine afrikanische Dependence zu eröffnen. Der Unterschied zwischen beiden Musikern: Für Manjul sind Reggae und Dub das Basismaterial, das von afrikanischen Musikern – teils mit ihrem traditionellen Instrumentarium – interpretiert wird, während Walsh den direkten Kontakt von jamaikanischen und afrikanischen Musikern und Musikerinnen bevorzugt. So finden wir in den elf Stücken von Abeng Kooperationen zwischen Jamaika und Nigeria (Tracks 1, 2, 3, 5), Jamaika und Ghana (Track 10), aber auch Nigeria und Trinidad (Tracks 4, 8, 11), Ghana und Guyana (Track 6) oder Nigeria und Tansania (Track 7). Auch sind die Nigerianer schon mal unter sich (Track 9). So verschmelzen Reggae und afrikanische Regionalstile zu einer neuen Variante des Afrobeats, was beiden Musikstilen hörbar guttut, zumal sich niemand bei dieser Symbiose verbiegen muss. Zu ähnlich sind die musikalischen Parameter. So – und nur so – macht eine solche Fusion Sinn.
Walter Bast

Nordamerika
 ALLISON De GROOT AND TATIANA HARGREAVES: Allison De Groot And Tatiana Hargreaves
ALLISON De GROOT AND TATIANA HARGREAVES
Allison De Groot And Tatiana Hargreaves
(Free Dirt Records), mit engl. Infos


Der Blick geht vor allem zurück: in die Zwanziger- bis Vierzigerjahre, auf Fiddlerlegenden und -innovatoren der Old-Time Music und das, was folgende Generationen daraus entwickelt haben. Dabei bleiben Allison De Groot und Tatiana Hargreaves nicht in der Tradition stecken, sondern begegnen dem Erbe mit frischer Herangehensweise. Das drückt sich bei Fiddlevirtuosin Hargreaves bereits an ihrem Instrument aus – ihre Geige hat fünf Saiten, die sie zudem in wechselnde Stimmungen versetzt. Nichts Ungewöhnliches beim Banjo, das De Groot traumhaft beherrscht mit ihrer Technik aus Clawhammer und Picking. Sie gehörte jahrelang zum kanadischen Frauenquartett Oh My Darling, um dann im weiblichen Viererbund The Goodbye Girls mit unter anderem Molly Tuttle zusammenzuspielen. Tatiana Hargreaves musizierte an der Seite von Künstlern wie Bruce Molsky, Daryl Anger und Gillian Welch. Im Duo arbeiten die beiden das erste Mal zusammen und erweisen etwa John Hatcher Reverenz, einem Fiddler aus Mississippi, der in den Dreißigern für Furore sorgte. Sein „Farewell Whiskey“ klingt hochprozentig schräg, ein Höhepunkt des Albums. Die beiden Frauen konservieren nicht, sie transportieren Liebenswertes in eine neue Zeit.
Volker Dick
 SUZANNE JARVIE: In The Clear
SUZANNE JARVIE
In The Clear
(Wolfe Island Records), mit engl. Texten


Nicht freie Entscheidungen, sondern Schicksalsschläge sind häufig Auslöser für Veränderungen im Leben. Suzanne Jarvie führte eine Existenz als Anwältin und Mutter von vier Kindern, als 2011 ihr Sohn verunglückte und die Ärzte keinen Pfifferling mehr auf ihn gaben. Ihre Gefühle fanden einen Weg: Sie begann, Lieder zu schreiben. 2014 erschien ihr Debütalbum, und überzeugend macht sie weiter mit ihrer Musik, die Country und Folk, Rock und Jazz mischt. Balladen stehen im Mittelpunkt, bei denen mal eine Dobro in den Vordergrund tritt, dann ein Banjo dem Stück Farbe verleiht oder eine Mundharmonika Würze gibt. Die Texte stecken voller Metaphern, weniger würde nicht schaden. Aber so drückt sich die kanadische Songschreiberin aus. Selten trifft sie klare Aussagen, wie in „All In Place“: „You pretend and forget, you make friends with regret / You go down by the river, but you never get wet.“ Ihre ausdrucksstarke Stimme wirkt auch in rockigeren Stücken wie „Point Blank“, und solche Kanten wünschte man sich häufiger. Andererseits streut sie jazzige Elemente ein, wie den lyrischen Bläsersatz in „One It Finds“. Das bleibt hängen in der aufreibenden Welt aus Gefühlen und Ängsten.
Volker Dick

 Justin Rutledge: Passages
Justin Rutledge
Passages
(Nextdoor Records)


Trotz dunklen Covers, der kanadische Musiker weiß mit beseelten Balladen voller melancholischer Stimmung und einer hohen Stimme mit verletzlichem Timbre zu verzaubern. Die Gitarren, insbesondere von Tragically-Hip-Gitarrist Rob Baker, haben immer einen leichten Hall. Manchmal werden Streicher und Klavier eingesetzt, und das Klangbild kann man am besten mit wolkig und dahinschwebend bezeichnen. Kein Wunder, der Sänger gibt an, er habe im Aufnahmezeitraum viel Ambient Music gehört und ließ dies mit einfließen. Das alles berührt, wirkt sanft, ist aber nicht zu weichgespült. In manchen Stücken streift das den Eindruck, den ein Art Garfunkel in seinen besten Momenten auslöst. Rutledge liebt aber vergleichsweise eher Country und Rootsmusik. In seinen temporeicheren Stücken verliert sich der Zauber etwas, da klingt er zu mainstreamig. Wer ihn schon länger kennt: Einige der Songs sind Neuaufnahmen aus früheren Zeiten. Seine Texte behandeln oft Menschen mit persönlichen Problemen wie Krankheiten oder Sucht. Von den neuerdings fast inflationär vorhandenen leisen Sängern gehört er gewiss zu den besten.
Hans-Jürgen Lenhart
 DOUG SEEKERS : A Story I Got To Tell
DOUG SEEKERS
A Story I Got To Tell
(BMG)


Doug Seekers hat es geschafft, als drogen- und alkoholabhängiger sowie obdachloser und schon auf die siebzig zugehender Singer/Songwriter auf den Straßen von Nashville binnen kürzester Zeit in Schweden zu einem mit Platin ausgezeichneten Superstar zu werden. Das klingt wie ein Märchen und ist es auch. Er wurde beim Spielen vor einer Suppenküche von der schwedischen Countrysängerin Jill Johnson entdeckt, die einen Film über gescheiterte Songwriter in Nashville drehte. Vom Song „Going Down To The River“ war Johnson so beeindruckt, dass sie ihn überredete, in einer großen schwedischen Fernsehshow damit aufzutreten. Dies bewirkte, dass er mit einem gleichnamigen Album nach nur wenigen Wochen Platz eins der schwedischen Charts erklomm. Für Seekers ging das einher mit einem Alkoholentzug und einer religiösen Läuterung. Das muss man halt mal so stehen lassen. Immerhin, das, von dem er singt, dürfte ziemlich authentisch sein. Musikalisch präsentiert er verhaltene Countryballaden mit einem leichten Vibrato in der Stimme. Mit dem Einsatz von ein paar versierten Instrumentalisten und deren Soli hätte man gewiss noch mehr draus machen können. Richtig loszurocken versteht er aber auch.
Hans-Jürgen Lenhart

 JOHN SOUTHWORTH: Miracle In The Night
JOHN SOUTHWORTH
Miracle In The Night
(Tin Angel Records), mit engl. Texten


John Southworth wird hierzulande wohl vollkommen übersehen. Elf Alben in zwanzig Jahren hat der Kanadier eingespielt, aber wohl noch nie in Deutschland getourt, und nur Weniges von ihm ist in Europa veröffentlicht worden. Waren seine frühen Alben eher etwas rumpelnder Rock, ist er als Songschreiber immer verhaltener geworden und hat sich stilistisch Richtung Vaudeville verbreitert, was seine Musik für ein größeres Publikum wohl noch sperriger macht. Intimität wird beim gegenwärtigen Southworth großgeschrieben, mit einem leicht zerbrechlichen, rauen Charme, der sich zwischen Blues und Jazz einpendelt und ein wenig an Balladensänger der Fünfziger erinnert, nur eben ohne große Orchester im Hintergrund. In Miracle In the Night umschleicht den Songschreiber eine leichte Dunkelheit, eine warmblütige Melancholie, die schließlich doch das Licht am frühen Morgen schimmern sieht. Prägend für den Sound dieser im Grunde flüchtigen Songs ist dieses Mal das Harmonium, was sicher zur Abtrünnigkeit des Ganzen beiträgt. Der Vergleich mit dem Bob Dylan aus der mittleren Periode liegt irgendwie auf der Hand, nur fehlt Southworth dessen Pathos, und er geht musikalisch verschlungenere Wege.
Michael Freerix
 CHIP TAYLOR: Whiskey Salesman
CHIP TAYLOR
Whiskey Salesman
(Train Wreck Records), mit DVD


Als Songschreiber hat Taylor Welthits für andere geschrieben, zum Beispiel „Wild Thing“ für die Troggs, „Try (Just A Little Harder)“ für Janis Joplin. Die unter seinem eigenen Namen veröffentlichten Alben fanden kaum große Aufmerksamkeit, und über längere Zeiträume veröffentlichte Taylor gar nichts Eigenes. Erst in den vergangenen zwanzig Jahren erschienen wieder regelmäßig Alben des mittlerweile 79-Jährigen. Die Zeit hat seine Stimme rau und gebrochen gemacht. Stark geprägt von diesem altväterlichen Charme sind seine neuen Songs, Balladen hauptsächlich, über ein Leben, das im Rückblick betrachtet wird. Ob Taylor nun ein guter Sänger gewesen ist, lässt sich kaum noch sagen. Er erzählt seine Songs mehr, als dass er sie singt. Viele andere Musiker haben seine Songs gesungen und bewiesen, dass er tragfähiges Material komponieren kann. Sicher trägt seine lange Karriere zur sehr gediegenen „Laid-back“-Stimmung auf diesem Album bei. Begleitet wird es von einer DVD, in der er bebildert, wovon die Songs handeln. Mehr „live“ wird man ihn hierzulande wohl nicht mehr zu sehen bekommen.
Michael Freerix

Lateinamerika
 CIRO HURTADO: Altiplano
CIRO HURTADO
Altiplano
(Inti Productions)


Eine Liebeserklärung an Peru. Der Gitarrist Ciro Hurtado lebt schon lange in den USA und blickt auf diesem Album zurück auf seine Kindheit in Lima. Seine Musik folgt den familiären Wurzeln auf den Altiplano – eine 3.000 Meter hohe Ebene in den Anden. Ciro Hurtado prägt die sparsam arrangierte Musik mit seiner akustischen Gitarre, einem wichtigen Instrument in Peru. Vier Titel spielt er solo auf der Konzertgitarre, andere bereichert er mit leiser Percussion, Cello oder dezentem Keyboard. Eine entscheidende Rolle spielt seine Frau Cindy Harding. Auf der Flöte Quena gibt sie der Musik das spezielle Andenflair. Hinzu kommt auf einigen Titeln ihr bezaubernder, graziler und feinfühliger Gesang. Ciro Hurtado würdigt sein Geburtsland mit eigenen Kompositionen. Sie erinnern an die Folklore, ohne diese zu imitieren. Die zehn Titel dieses Albums spiegeln stimmungsvoll die landschaftliche Atmosphäre im Hochgebirge wider. Die Musik strahlt die Ruhe und Erhabenheit der Ebene Altiplano aus. Entstanden ist ein Album, das wie ein Echo aus der Ferne ist – eine poetische Melancholie der Sehnsucht.
Udo Hinz