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Ausgabe 6/2017


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DEUTSCHLAND

DRAGSETH TRIO
Drift
atelier-knortz.de/dragseth
(Eigenverlag DRA 3578)
12 Tracks, 44:47 , mit Texten u. Infos


Vor über einem Vierteljahrhundert taten sich die zwei Nordlichter Kalle Johannsen und Manuel Knortz zum Dragseth Duo zusammen, spielten zwei hochgelobte LPs ein, waren jahrelang weg vom Fenster, um dann in einer Reunion erneut zu begeistern, als Duo, im Quartett und jetzt im Trio. Die beiden Ur-Dragsether sind ausgezeichnete Fingerpickinggitarristen und Sänger, die jeweils mit einem sonoren Bariton gesegnet sind. Daneben haben sie eine Vielzahl von Instrumenten am Start. Kalle Johannsen spielt diatonisches Akkordeon und Mundharmonika, Manuel Knortz zupft die Waldzither und das Banjo, daneben setzt er noch einiges an Gebläse ein: Chalumeau, Whistles, Sopransaxofon und Uilleann Pipes. Der dritte Mann im Trio, Jens Jesse,  DRAGSETH TRIO: Drift ebenfalls Gitarrist und Sänger, ist außerdem an Weißenborn-Slidegitarre, Ukulele und Glockenspiel zu hören. Knortz und Johannsen hatten schon immer ein Faible für Lyriker wie Theodor Storm und Theodor Fontane, und erneut haben die Friesen eine geschmackvolle Auswahl von Texten zur Vertonung ausgewählt. Dazu gesellen sich äußerst gelungene Übertragungen etwa von Liedern aus der Feder der kalifornischen Singer/Songwriterin Kate Wolf und des belgischen Chansonniers Jaques Brel. Das Trio und die beiden Gastmusiker präsentieren sieben hochdeutsche, vier plattdeutsche Lieder und einen englischsprachigen Song, denen sie einfühlsame, emotionale Arrangements auf den Text geschneidert haben. Vom ersten Lied an, einer Vertonung des Gottfried-Keller-Gedichtes „Die Zeit geht nicht“, bis zum Ausklang des letzten Songs „Der Sternanzünder“ mit einem Text der großen Mascha Kaléko halten die Musiker eine zart-melancholische Stimmung aufrecht. Basierend auf Fingerpickingpatterns setzen Chalumeau und Saxofon jazzige Akzente, während die Uilleann Pipes ein Liebeslied mit irischer Leichtgkeit färben. Die Musik und die lyrischen Texte verbreiten deutlich Herbststimmung, singen von vergangener Zeit, von Abschiednehmen und Wiederkehren, von Tränen und dem tröstlichen Sternanzündemann. Unwiderstehlich gut.
Ulrich Joosten

EUROPA I

VAN MORRISON
Roll With The Punches
vanmorrison.com
(Caroline International/Universal)
Promo-CD, 15 Tracks, 63:22


Das 37. Studioalbum in annähernd sechzig Jahren als Musiker – und dieses hat der eigensinnige irische Sänger Van Morrison dem Blues, oder genauer dem Rhythm and Blues gewidmet. Die ersten Takte nehmen sofort gefangen, unwiderstehlich rollt der klassische Chicago-Blues vorwärts, die Stimme klar und kraftvoll und die Band fast schon aufreizend „laid back“, voller Ruhe und Kraft. Weiter geht es mit „Transformation“, einer Ballade, wie sie so eigentlich nur Iren singen können. Wunderschön dazu der dezente Backgroundgesang, Piano und Gitarre setzen Akzente. Freunde waren eingeladen, so der Gitarrist Jeff Beck, der Sänger und Harpspieler Paul Jones, Georgie Fame an den Keyboards und der  VAN MORRISON: Roll With The Punches Sänger Chris Farlowe. Mit ihnen und seiner ohnehin schon exzellenten Band wühlt sich Van Morrison durch einige Klassiker des Genres. „Stormy Monday“ ist so ein ewiger, eigentlich schon totgelaufener Song. Neben dem Original von T-Bone Walker konnte da bisher eigentlich nur die Version der Allman Brothers Band bestehen. Was Van Morrison hier jedoch mit Chris Farlowe abliefert, ist unbeschreiblich. Und dann der nahtlose Übergang in Doc Pomusʼ „Lonely Avenue“. „Now my room has got two windows, / but the sunshine never comes through. / You know itʼs always dark and dreary, / since I broke off, baby, with you …“, beginnt der Text, und wenn der Backgroundgesang einsetzt und Chris Farlowe im Wechsel hinzukommt, ist nicht nur einer der Höhepunkte des Albums, sondern eine Sternstunde des Blues und Rhytm and Blues erreicht. Fantastisch im Gegensatz zu solcher Opulenz dann „Goinʼ To Chicago“. Vom Kontrabass begleitet, teilt sich Morrison hier die Gesangsparts mit Georgie Fame. Dieses Album ist voll an vielen großen und kleinen Momenten, in jedem Stück ist eine Besonderheit zu entdecken, etwa, wenn Van Morrison in „Bring It Home To Me“ Jeff Beck auffordert, noch einen seiner herrlich schrägen Chorusse zu spielen. Fantastisch und wunderschön.
Achim Hennes

EUROPA II

TÜNDRA
Bastardüs
tundraband.com
(Nada Producciones)
12 Tracks, 51:49 , mit dt. u. engl. Infos


2008 in Logroño, La Rioja, der geschichtsträchtigen Stadt nahe des Baskenlandes, gegründet, führt das junge Quartett auf nunmehr zwei Alben meisterhaft vor, wie sich Gefühl für und Wissen um Folktraditionen, und zwar die eigenen sowie die ganz Spaniens und auch der Neuen Welt, mit der Liebe für Rock und Jazz kreativ bündeln lassen. Mit „Folk Ancestro Sideral“ umschreiben die mit entsprechend unterschiedlichen musikalischen Hintergründen versehenen Instrumentalisten durchaus zutreffend ihre Arbeit. Durch das beglückende Miteinander von Gaita (jeweils ein anderer Typ in den Kompositionen), Drehleier und Nyckelharpa, Schlagzeug und Percussion sowie E-Gitarre werden interessante Brücken zwischen Rock, Hardrock und  TÜNDRA: Bastardüs den Welten des Jazz geschlagen (ganz konkret in der Neulektüre zweier Kompositionen von Duke Ellington und Ornette Coleman). Das Album beginnt sehr energiegeladen mit einem Stück im 7/8-Rhythmus, in dem sich besagte Instrumente auf Augenhöhe begegnen und vergessen lassen, welch große kulturhistorische Räume zum Beispiel zwischen einer heavy klingenden E-Gitarre und einer Nyckelharpa liegen. In den zwölf Eigenkompositionen und Traditionals adaptierenden Instrumentalkompositionen gelingen Allianzen, die fern von vielen eher faden Elektrofolk-Annäherungsversuchen siedeln. Sie lassen eher an andere, ähnlich innovative Protagonisten des zeitgenössischen Folks Spaniens denken, wie etwa den Drehleierspieler Germán Díaz. Eingeladene Musikerkollegen setzen des Weiteren an Geige, Klarinette oder Saxofon interessante ergänzende Akzente in diesen von Track zu Track sehr variierenden, mal elektrifizierten, mal akustischeren Klanglandschaften. Die den Bandnamen inspirierende Tundra (mit dem „ü“ machen es sich die Jungs in spanischsprachigen Gefilden wie auch im WWW sympathisch schwer) gibt es als iberische Variante auch nahe der Heimat der vier Musiker, die sich zudem stark von nordeuropäischen Traditionen inspiriert fühlen, etwa der hörbar seelenverwandten schwedisch-finnischen Elektrofolkband Hedningarna.
Katrin Wilke