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Ausgabe 5/2017


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 BELLEVUE RENDEZVOUS: While Rome Burns
BELLEVUE RENDEZVOUS
While Rome Burns
bellevuerendevous.co.uk
(Journeyman JYM005)
10 Tracks, 58:07 , mit knappen engl. Infos


Im Sommer noch spielte Gavin Marvick mit Ceilidh Minogue in Rudolstadt zum Tanz auf, und jetzt zeigt der vielbeschäftigte Fiddler, dass in Schottland nicht nur tolle schottische Musik gespielt wird. Cameron Robson spielt Cittern und Gitarre, das verrät nicht viel, aber dass Ruth Morris (neben diversen anderen Instrumenten, aber auf diesem Album exklusiv) mit der Nyckelharpa glänzt, das lässt schon ein wenig die Richtung ihrer dritten CD ahnen. Und dennoch ist man ein wenig erstaunt, wie elegant und leichtfüßig dieses Trio von Galicien nach Norwegen, nach Schweden, nach Finnland, nach Frankreich oder Armenien springt, um dann irgendwann doch mal in Schottland zu landen. Die drei Musikanten haben schon mit unzähligen Kollegen/Bands zusammengespielt, und vielleicht sind es diese Flexibilität und ihre Erfahrung, die eine solche Kollektion an unterschiedlichsten Melodien nicht zum beliebigen Sammelsurium werden lassen. Die Musik ist aus einem Guss, und sollte Europa irgendwann mal einen Soundtrack brauchen – Bellevue Rendevous spielt ihn schon heute.
Mike Kamp
 BORN 53: A Talent Unrecognized
BORN 53
A Talent Unrecognized
born53.com
(Big Note Production 2017/Hemifrån)
12 Tracks, 45:57


Der Preis für den treffendsten Albumtitel in diesem Jahr geht an Born 53. Der erste Eindruck ist der eines gelungenen Samplers, auf dem verschiedene hochtalentierte Nachwuchskünstler ihr jeweils bestes Stück präsentieren. So kann man sich irren. Bei Born 53 handelt es sich um eine schwedische Band, die hier bereits ihr fünftes Album vorlegt. Zehn Eigenkompositionen, einmal Dylan und einmal Prefab Sprout ergeben insgesamt zwölfmal Abwechslung. Die Band als schwedische Country-Rock-Alternative zu bezeichnen, wäre nicht falsch, macht aber nur die Hilflosigkeit auf der Suche nach einer passenden Schublade deutlich. Die Instrumentals könnten von Peter Bursch stammen – singen die Männer, klingt es fast nach Irish Folk; bei dem weiblichen Vokalpart in Dylans „Forgetful Heart“ fühlt man sich an die Walkabouts erinnert. Die Slidegitarre in „Forgive“ bekommt Chris Rea auch nicht besser hin, und der Satzgesang ehrt Künstler wie CSN&Y. Dass bei aller Vielfalt das Album wie aus einem Guss klingt, ist ein kleines Wunder. Es bleibt zu hoffen, dass irgendein deutsches Majorlabel das Potenzial der Schweden erkennt und die „Unrecognized talents“ in so etwas wie „The famous swedish folk explosion“ verwandelt.
Christian Elstrodt

 MÁIRE BREATNACH & THOMAS LOEFKE: Rockpools – Cuilithe
MÁIRE BREATNACH & THOMAS LOEFKE
Rockpools – Cuilithe
mairebreatnach.com
thomasloefke.de
(Laika Records 3510349 2)
16 Tracks 56:4 , mit Liner Notes


Die lange Freundschaft, die den Berliner Harfenisten Thomas Loefke und die Dubliner Fiddlerin Máire Breatnach verbindet, wird auf dem neuen Album regelrecht gefeiert. Die Tracklist liest sich wie eine Best-of-Selection, die tatsächlich wunderbare Edelsteine aus dem Schaffen beider Musiker (und Freunden wie Conor Byrne [Flöte], Niall O'Callanan [Bouzouki], Kerstin Blodig u. Ian Melrose von Norland Wind u.v.a.) hören lässt. Einerseits die typischen perlenden Loefke-Tunes, die leicht ins Ohr gehen, immer einen individuellen Stempel tragen und jeder für sich unverwechselbar bleibt – ein sehr willkommener Effekt im Bereich ubiquitärer „keltischer“, in Moll-Tonarten gehaltener Harfenkompositionen. Andererseits die kraft- und stilvolle Geige von Máire Breatnach, die es auf besondere Weise versteht, ihren schönen, komplexen, dennoch unverkopft wirkenden Eigenkompositionen den Charme traditioneller Musik einzuhauchen. Einige ihrer Stücke – wie der hier auch vertretene Reel „Branohm“ – haben es weltweit ins irische Sessionrepertoire geschafft. Dazu kommen einige neue, z. Teil live aufgenommene Lieder und Tunes, die einmal mehr die Emotionalität der Performance der beiden Freunde in den Vordergrund stellen.
Johannes Schiefner
 KAROLINA CICHA & BART PAŁYGA: Płyta Tatarska /Tatar Album
KAROLINA CICHA & BART PAŁYGA
Płyta Tatarska /Tatar Album
karolinacicha.eu
(Universal Music Polska 5757253)
12 Tracks, 49:20 , mit poln. u. engl. Texten und Infos


Wer sich in dem heterogenen Musikgenre herumtreibt, das den Machern dieses Magazins am Herzen liegt, muss nicht selten Rat bei zwei wissenschaftlichen Geschwistern suchen, der Völkerkunde und den Vergleichenden Musikwissenschaften, denn eher selten orientiert sich eine Volksmusik exakt an historischen oder aktuellen Landesgrenzen. So bewegten sich bestimmte Völker/Volksstämme samt ihrer Musik über Länder (und manchmal sogar Kontinente) hinweg. Wer also die Tataren waren (und sind), darüber hat die polnische Sängerin und Musikerin Karolina Cicha nicht nur einen kleinen historischen Abriss im Booklet dieser CD geschrieben, sondern sie ging zusammen mit ihrem Duo-Partner Bart Pałyga auch auf musikalische Spurensuche. Herausgekommen ist ein faszinierendes zwölfteiliges Konvolut höchst unterschiedlicher Lieder und Melodien, die die beiden Multiinstrumentalisten ganz in den volksmusikalischen Kontext jener Regionen gestellt haben, in denen die Tatarenvölker ansässig waren (oder noch sind). Cicha und Pałyga bedienen sich dabei eines größtenteils traditionellen Instrumentariums, wobei Herr Pałyga auch noch für die archaischen (Kehl- und Oberton-)Gesänge verantwortlich ist. Ein Klangerlebnis!
Walter Bast

 DIVERSE: Folk & Great Tunes From Scotland
DIVERSE
Folk & Great Tunes From Scotland
tasal.de
(Tasal Records TR00)
2 CDs, 32 Tracks, 151:54 , mit Infos


Dieser Sampler hat eine vernichtende Wirkung auf den Kontostand des Hörers. Wie ein greifbar gewordener Einkaufsführer empfiehlt diese Doppel-CD Künstler um Künstler und sorgt für neue CD-Käufe in zumeist zweistelliger Anzahl. Das klingt übertrieben, ist aber schlicht der Qualität der schottischen Musikszene geschuldet. Der kleine musikalische Bruder von Irland hat längst das Fahrwasser von Künstlern der Battlefield Band oder Blair Douglas verlassen. Stattdessen ist eine frische Musikkultur entstanden, die an Ideenreichtum und Spielfreude vielleicht noch mit der baltischen oder der isländischen Musikszene vergleichbar ist. Gleich mehrfach finden sich neue Lieblingslieder auf dieser Zusammenstellung. Zwar finden sich auch bereits etablierte Helden wie die Paul McKenna Band oder die Folkrock-Supergroup Skerryvore auf dem Doppelsilberling, der Hauptteil der Spielzeit wird aber von Künstler bestritten, die hierzulande noch keinen Namen haben. Bei Bands wie The Twelfth Day kann das nur eine Frage der Zeit sein. Das CD-Booklet hätte einige Infos mehr vertragen, gerade bei den Neuentdeckungen. Für jeden, der sich für keltische Musik interessiert, ist dieser Sampler Pflichtprogramm und für jeden Talentscout unserer Folklabels eigentlich auch.
Christian Elstrodt
 FARA: Cross The Line
FARA
Cross The Line
faramusic.co.uk
(CPL Music CPL018)
11 Tracks, 45:50 , mit engl. Infos


Fiddle-Gruppen sind in Schottland momentan schwer angesagt. Session A9 oder Blazin‘ Fiddles sind nur zwei beliebige Beispiele. Selbst wenn man fragt „Und was ist mit rein weiblichen Fiddle-Gruppen?“, dann ist schon jemand dagewesen, nämlich Rant. Und trotzdem haben Fara ein Alleinstellungsmerkmal! Denn nicht nur streichen Kristan Harvey, Jeana Leslie und Catriona Price eine brillante Fiddle und bedient Jennifer Austin virtuos das passende Piano, nein, alle vier Damen singen auch, und das hat Seltenheitswert. Fara kennen sich seit ihrer gemeinsamen Kindheit auf den Orkney Inseln, aber als vielbeschäftigte Musikerinnen (mit Twelfth Day, Siobhan Miller, Wildings oder den eben erwähnte Blazin‘ Fiddles) leben sie heutzutage natürlich auf dem schottischen Festland. Die Melodien stammen entweder von der Band, von Kollegen oder aus der Tradition, und die beiden letzteren Quellen gelten auch für die Lieder. Schmuckstück der überzeugenden Debüt-CD ist Joe Souths „Games People Play“. Dieser eingängige Protestsong ist spätestens seit Dick Gaughans Interpretation ein schottischer Klassiker, und Faras Version verlangt geradezu danach, live gespielt zu werden. Genau das fehlt jetzt noch: Fara live in Germany!
Mike Kamp

 FRANK LONDON GLASS HOUSE ORCHESTRA: Astro-Hungarian Jewish Music
FRANK LONDON GLASS HOUSE ORCHESTRA
Astro-Hungarian Jewish Music
piranha.de
piranha/frank_london/glass_house_astro
(Piranha Records PIR 3063)
Promo-CD, 10 Track, 47:42


Frank London (tp), Gründungsmitglied der zwischenzeitlich legendären Klezmatics (und auch noch Grammypreisträger, 2007 gemeinsam mit den Klezmatics für das beste zeitgenössische Weltmusikalbum, mit bis dato unveröffentlichten Texten von Woody Guthrie), ordnet sein neuestes Album, schon letztes Jahr in Budapest produziert, unter „weltraum-ungarischem Folkpunk“ ein. Das lässt bereits unschwer erahnen, dass hier nicht archäologische k-u.-k-Traditionspflege zum Zuge kommen soll, sondern jüdisch-ungarische Folklore bis in das Zeitalter des Punks interpretiert wird. Dazu nehme man etwa den ungarischen Multiinstrumentalisten Béla Ágoston, Pablo Aslan (b), Aram Bajakian (g), Yonadav Helvi (perc), Miklós Lukács (Zimbel), Jake Shulman-Ment (v) und Edina Szirtes „Mókus“ (v, voc), und erhalte eine Bandbreite von Roma- und Gypsyfolklore bis „New Klezmer“, ja bis zu experimenteller Avantgarde. Mag „Astro-Hungarian Suite II“ die Verbindung von Punk und Klezmer repräsentieren, wenngleich auf wesentlich subtilere Art, als wir es beispielsweise vom Klezmerpunk Daniel Kahn kennen, steht „Furfangos Frigyes“ für das andere Ende, nämlich in einem Stück die Verbindung von Gypsyfolk, Zimbelsoli und Avantgarde zu schaffen. Ein wieder einmal nahezu unschlagbar thematisches Album.
Matti Goldschmidt
 TOM McCONVILLE: Sailing To The Far Side Of The World
TOM McCONVILLE
Sailing To The Far Side Of The World
tommcconville.co.uk
(Boom Chang Records BCCD012)
12 Tracks, 48:33 , mit knappen engl. Infos


Manchmal reichen wenige Dinge, um einen Menschen zu charakterisieren. Tom McConville demonstriert das auf seiner aktuellen CD optisch. Fiddle, Flatcap, runde Brille und ein breites Lächeln – das kann nur der Stammgast des Venner Folk Frühlings sein! Und auch die Zutaten seines Albums sind bekannt: Elegante und mitreißende Fiddletunes, gerne mit Anleihen in Schottland, Irland und Nordamerika, meistens begleitet von Andy Watt auf der Gitarre. Und dann die Lieder. Sorgfältig ausgesuchte Trads oder von Kollegen wie Si Kahn und Steve Tilston oder zweimal selbstgeschrieben. Das alles wird interpretiert mit diesem typischen, leicht irisch klingenden beschwingten Tenor, bei dem das McConville-Lächeln immer gleich mitklingt. Das zentrale Stück der CD ist der traditionelle Song „Whitby Fisher Lad“, der das Schicksal so mancher Hochseefischer beschreibt und dennoch ein echter Ohrwurm ist. Auf Tom McConville ist also Verlass – auch wenn die Zutaten vertraut sind, die hohe Qualität seiner Arbeit ist es auch, und deshalb ist Sailing To The Far Side Oft The World wieder ein durchgängig erfreuliches Album.
Mike Kamp

 AMBROGIO SPARAGNA: Stories 1986 - 2016
AMBROGIO SPARAGNA
Stories 1986 - 2016
ambrogiosparagna.it
(Finisterre FT68)
Do-CD, 31 Tracks, 132:04 , mit ital. und engl. Infos


Der Musiker aus Maranola, einem Bergstädtchen zwischen Neapel und Rom, ist schon über vierzig Jahre professionell unterwegs. Er ist ein Musicians' Musician, begleitete mit seinem Organetto, dem diatonischen Akkordeon, die Stars der italienischen Liedermacherszene, leitete unzählige Band- und Chorprojekte ˗ und er ist eine Entdeckung! Stories 1986 – 2016 beleuchtet Sparagnas Schaffen vor allem als Cantautore. Seine Lieder sind eingängig und mit zupackendem Organetto gespielt. In „Onore‟, eindringlich gesungen zusammen mit Francesco De Gregori, kontrastieren die warmen Molltöne mit der bitteren Geschichte über den Geistlichen Peppe Diana, der von der Camorra während der Messe umgebracht wurde. Schade nur, dass die oft sozialkritischen Liedtexte im Beiheft nicht abgedruckt sind. Auch wenn das Doppelalbum drei Dekaden der Musikerkarriere Sparagnas umspannt, tönt es wie aus einem Guss und bleibt trotzdem abwechslungsreich. Dazu tragen auch die Stimmen der Gäste, angefangen bei Lucilla Geleazzi, der großen Dame des italienischen Folkrevivals, über Carmen Consoli, Lucio Dalla bis zu Litftiba-Sänger Piero Pelù bei.
Martin Steiner
 JITKA ŠURANSKÁ TRIO: Divé Husy
JITKA ŠURANSKÁ TRIO
Divé Husy
jitkasuranska.cz
(Indies Scope Records, LC-19677)
11 Tracks, 46:36 , mit engl. u. tschech. Texten und Infos


Vielen ist es nicht bewusst, aber Tschechien besitzt ein unerschöpflich scheinendes Potential an hochklassigen Folkmusikern. Ein Ensemble, von dem man in Zukunft noch öfters hören könnte, ist das Jitka Šuranská Trio. Die drei ausgebildeten Musiker aus der Ostregion Mähren legen mit Divé Husy (Wildgänse) nicht nur ein erstklassiges Debütalbum vor. Sie begeistern vor allem live mit ihren eigenen Arrangements traditioneller mährischer Folksongs. Die Lieder über Liebe, Verlust, Freiheit, die Ehe und die Natur gewinnen durch die unterschiedlichen musikalischen Einflüsse der drei Künstler eine Lebendigkeit, die den Zuhörer sofort in den Bann zieht. Während Sängerin Jitka Šuranská klassische Geige am Konservatorium in Brünn studierte, ist Multiinstrumentalist Marian Friedl (Kontrabass, verschiedene Hirtenflöten, Cimbal, Gesang) im Jazz zu Hause. Mandolinist Martin Krajíček wiederum spielt in vielen Genres, wie dem Klezmer oder der mexikanischen Musik. Das Zusammenspiel des Trios ist so harmonisch und natürlich, dass man das Gefühl hat, die Mandoline wäre schon immer ein Teil der mährischen Folktradition gewesen und die Lieder seien gerade erst entstanden. Selten klang traditionelle Folkmusik so verwurzelt und doch so modern.
Erik Prochnow