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Ausgabe 6/2016


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 ALLAN YN Y FAN: NEWID
ALLAN YN Y FAN
NEWID
ayyf.co.uk
(Steam Pie Records SPCD10185)
12 Tracks, 45:22 , mit engl. Infos u. walis. Texten


Wir wissen es wahrscheinlich nicht, aber der Titel des Albums ist das walisische Wort für „Wechsel“, während es im Englischen für „neue Identität“ stehen könnte, und das Schönste ist, der Titel passt. Ein neuer Fiddler (Alan Cooper) und eine neue Leadsängerin (Catrin O’Neill) machen die sechste Veröffentlichung des Septetts zu einer besonderen. O’Neill hat eine Stimme mit sinnlicher Ausstrahlung und singt trotz irischen Namens natürlich in Walisisch. „Y Gaseg Felen“ ist ein besonders hübsches Beispiel. Vielleicht hätte die Gruppe die anderen vier Stimmen dennoch ein wenig häufiger einsetzen können, weil sie alle gut singen können. Aber eines bleibt: Instrumentell sind Allan Yn Y Fan blendend aufgelegt. Nicht im Sinne von Solisten, die das Scheinwerferlicht suchen, sondern als Teamplayer, die einen kraftvoll-mitreißenden Gesamtklang mit Gitarre, Bass, Bouzouki, Flöten, Whistles, Fiddle, Akkordeon und Bodhrán erzeugen. Kate Strudwick ist als Gegenpol mit „Tune For Lilian“ erneut ein wunderbar elegisches Instrumental gelungen. Wohl das bislang beste Werk der Damen und Herren aus Wales. Und es ist hübsch zu lesen, dass eine Band von der Insel dem „Folker magazine“ dankt. Da danken wir doch glatt zurück.
Mike Kamp
 MARCELA ARROYO & ANDREAS ENGLER & DANIEL SCHLÄPPI (PUERTA SUR): Tres Mil Uno
MARCELA ARROYO & ANDREAS ENGLER & DANIEL SCHLÄPPI (PUERTA SUR)
Tres Mil Uno
marcela-arroyo.ch
andreasengler.ch
danielschlaeppi.ch
(CATWALK CW 160016-2)
15 Tracks, 54:46 , mit engl. Infos


Wie schon mit seinem Debüt 2009 weiß dieses Schweizer Tango-Jazz-Kammermusik-Trio auch mit diesem Nachfolgealbum zu überzeugen. Erneut nehmen sich die Wahlzüricher Sängerin, der Geiger und der Kontrabassist – beide aus Bern – kunstvoll mehr oder weniger bekannter, nicht nur dem Tangorepertoire zugehöriger Stücke auf eigene, teils unerhörte Weise an. Arroyos anmutiger, sich in diverse Liedkulturen, vor allem aber den Soundtrack ihrer Heimatstadt Buenos Aires wunderbar einfühlender Gesang führt intime, feinnervig gesponnene Zweier- bzw. Dreiergespräche mit ihren beiden virtuosen Mitstreitern. Ganz nach dem Weniger-ist-mehr-Prinzip setzen sie ihr Spiel geschickt und gut dosiert ein, sorgen vielfach für reizvolle, überraschende Akzente. Ein kleines Überraschungsmoment liefert auch das einzige nicht spanische Lied des Albums, die zunächst von Jasmin Tabatabai realisierte Interpretation von Tucholskys „Sie, zu ihm“. Daneben stößt man auf so emblematische Kompositionen wie den Candombe des populären Afrouruguayers Rubén Rada, „Tengo Un Candombe Para Gardel“ oder den vielfach intonierten, hier in neuem Licht erstrahlenden peruanischen Walzer „Fina Estampa“ aus der Feder von Chabuca Granda.
Katrin Wilke

 BAZAR BLÅ: Twenty
BAZAR BLÅ
Twenty
bazarbla.com
(Bazaarpool/Eigenvertrieb)
12 Tracks, 66:50 , dt. Info


Seit zwanzig Jahren spielen sie nun als Trio zusammen und legen jetzt nach einer schöpferischen Pause zu ihrem Jubiläum ihr sechstes Album mit einem neuen Repertoire vor. Johan Hedin spielt Sopran- und Oktav-Nyckelharpa, Björn Meyer eine sechssaitige akustische Bassgitarre sowie eine Bassmandola, womit er den Bass um viele musikalische Möglichkeiten erweitert, und der Percussionist Fredrik Gille webt seine weltweit aufgespürten Traditionen und Spieltechniken in den rhythmischen Klangteppich der Gruppe. Heraus kommt avantgardistische Weltmusik, obwohl in jedem Stück die schwedischen Traditionen nicht nur spürbar, sondern auch hörbar sind. Das mag an dem schwedischen Nationalinstrument Nyckelharpa liegen, an den Molltönen, oder auch an der ruhigen zurückhaltenden Spielweise. Ein derartiges Klangerlebnis kann man nur produzieren, wenn man viele Jahre zusammenspielt. Hedin ist übrigens Teil des Duos Hazelius Hedin (Mandola/Gitarre, Gesang, Nyckelharpa), das mit seiner etwas gefälligeren Musik weitaus öfter auf den Bühnen erscheint als Bazar Blå. Seit Beginn hat die Gruppe viele skandinavische Musiker beeinflusst, und es ist schon etwas seltsam, dass hierzulande nur Skandinavienkenner etwas über sie wissen.
Bernd Künzer
 DAMIAN CLARKE: Something To Say
DAMIAN CLARKE
Something To Say
damianclarke.co.uk
(Vox Pop Records VOX030)
14 Tracks, 62:59 , mit engl. Texten


Manche Alben rezensieren sich sozusagen von selbst, andere wiederum sind harte Arbeit. Das liegt am Einerseits und Andererseits, was sich auch beim fünften Hören nicht in Luft auflöst. Klar sind die Fakten: Der Engländer Damian Clarke gründete 1986 die Folkrockband Pressgang, mit der er jahrzehntelang erfolgreich tourte, auch hierzulande. Nun hat er sein drittes Solowerk veröffentlicht, auf der er Hackbrett, Drehleier, keltische Harfe, Gitarre und Keyboards spielt – und singt. Einerseits ist das Hackbrett sein Hauptinstrument, das ihm am Herzen liegt und das er verbreiten möchte. Also wird es fast durchgängig gespielt und sorgt für einen sehr hochtönigen, flirrenden Sound, der Begleitinstrumente und den meist halligen Gesang oft verdrängt, zumindest so, wie der Tonträger aufgenommen und abgemischt ist. Andererseits explodiert Damian förmlich vor Kreativität, schreibt eindringliche autobiografische Lieder und malt überdies auch noch begleitende Bilder. Da fließt so viel wunderbare künstlerische Energie, dass jede Liveshow ein Erlebnis wird. Ein einfühlsamer Produzent mit gutem Ohr für natürliche Klänge hätte aus der CD ein Juwel gemacht. So ist es eher ein Rohdiamant.
Mike Kamp

 KIM EDGAR: Stories Untold
KIM EDGAR
Stories Untold
kimedgar.com
(Quietly Fantastic Music QFM004)
12 Tracks, 41:09 , mit engl. Texten


In deutschen Landen ist sie bekannt als Piano spielendes und singendes Mitglied der erfolgreichen Irish-Folker Cara, aber zu Hause in Schottland hat sich Kim Edgar schon seit Jahren als eigenständige Singer/Songwriterin profiliert. Bei der deutschen Verbindung verwundert daher auch nicht, dass Edgar das Album zu Teilen im Artes-Tonstudio sowie in Schottland bei dem beliebten Produzenten Mattie Foulds aufgenommen hat. Edgar ist keine Songwriterin, die sich gerne in der Mitte der Straße bewegt, und das bezieht sich auf ihre musikalische Ausdrucksweise ebenso wie auf die Themen ihrer Songs. Bei „Significant Other Deceased“ zum Beispiel braucht sie textlich nur drei knappe Vierzeiler, um die Geschichte und Gefühle einer Soldatenwitwe auf den Punkt zu bringen, die dann passend mit Streichern arrangiert wird. „The Whole Rainbow“ greift die aktuelle Lesbian-Gay-Bisexual-Transgender-Thematik auf und adressiert ein Neugeborenes mit den Wünschen, dass es frei entscheiden möge, welchem Geschlecht es angehören möchte, schließlich besteht der Regenbogen auch aus mehr als zwei Farben. Keine einfachen Themen und keine eingängigen Liedchen, aber bei Edgar gilt das alte Mantra definitiv: Das Album wächst mit jedem Hören.
Mike Kamp
 GOITSE: Inspired By Chance
GOITSE
Inspired By Chance
goitse.ie
(Goitse CDs/GSECD4)
10 Tracks, 41:46


Die junge irische Band Goitse präsentiert ihre immerhin vierte Produktion. Mit viel musikalischem Grundverständnis und einem feinen, eher zurückhaltenden Rhythmus liefern sie auch hier wieder eine weitgehend makellose Aufnahme. Sängerin Áine McGeeney bedient einen mädchenhaft sanften Sopran und besticht mit reifem Fiddlespiel, die übrigen Kollegen zeigen auch allesamt sehr konzertante Beiträge auf Akkordeon, Piano, Guitar, Banjo und Percussion. Ein abwechslungsreiches modernes Album mit interessanten Stücken und einigen speziellen Klangkombinationen, etwa, wenn das Banjo die Rhythmusbegleitung übernimmt. Bisweilen fehlt ein bisschen der „Abgeh“-Faktor, an manchen Stellen würde etwas mehr lebendige Rasanz guttun, was aber eher Herzsache sein mag als echte musikalische Kritik. Im Orbit kreisen noch zahllose weitere junge irische Bands von gleichem Format. Sich inhaltlich-musikalisch abzuheben, ist wohl in der Tat auch sehr schwierig. Nein, Goitse machen das gut (Anspieltipps: „Chance“ – wunderbar fetzige Slides – und der träumerische Song „The Hills Of Sweet Lislea“). Hinhören empfohlen.
Johannes Schiefner

 KAYHAN KALHOR/AYNUR/SALMAN GAMBAROV/CEMÎL QOÇGIRÎ: Hawniyaz
KAYHAN KALHOR/AYNUR/SALMAN GAMBAROV/CEMÎL QOÇGIRÎ
Hawniyaz
kayhankalhor.net
aynurdogan.net
salmangambarov.jazz.az
facebook.com/cemilqocgirimusic
(Harmonia Mundi Music HMC 905277)
5 Tracks, 57:31


Der Titel dieses Albums bedeutet so viel wie „zusammen“ oder „die Menschen sind aufeinander angewiesen“. Hawinyaz ist ein kurdisches Wort, das nicht treffender das Zusammenspiel dieser vier hochklassigen Musiker aus vier unterschiedlichen Kulturen bezeichnen könnte. Was 2012 mit einer zufälligen Begegnung beim Morgenland-Festival in Osnabrück sowie einer ersten daran anschließenden improvisierten Session begann, hat sich zu einem außergewöhnlichen Projekt entwickelt. Der iranische Virtuose auf der Stachelgeige Kamancheh Kayhan Kalhor, die renommierteste kurdische Sängerin Aynur, der vielseitige aserbaidschanische Jazzpianist Salman Gambarov und der in Duisburg geboren kurdische Spezialist auf der Langhalslaute Tenbur Cemîl Qoçgirî haben eine eigene musikalische Welt voller Intensität, Zartheit und Harmonie kreiert. Vom ersten Ton an zieht sie den Hörer in den Bann. In den traditionellen Liedern, deren Themen Liebe, Vertreibung, Krieg und Nomadentum aktueller denn je sind, vereinen die vier Musiker kurdische und persische Traditionen mit den Elementen des Jazz. Sie leben Musik, die in die Tiefe strebt und demonstriert, wie belebend es für die Menschheit ist, wenn unterschiedliche Kulturen sich verbinden.
Erik Prochnow
 ANGELO KELLY: 10 Years
ANGELO KELLY
10 Years
angelokelly.com
(Flowfish Music FF0097/Broken Silence)
3 CDs, CD 1: 20 Tracks, 73:00, CD 2: 12 Tracks, 38:00, CD 3: 14 Tracks, 51:00) , mit engl. Infos


Angelo Kelly, ehemaliger Kinderstar der vor allem im Deutschland der 1990er extrem erfolgreichen irischstämmigen Familienfolkband Kelly Family, veröffentlicht seine musikalischen Memoiren. Auf drei CDs, die Liveaufnahmen (darunter zahlreiche bisher unveröffentlichte Songs) mit einigen im Studio entstandenen Einspielungen paart, spielt und singt er solo oder in großer Besetzung im Kreis seiner Familie (Frau und seine bis dato vier geh- und singfähigen Kinder) Klassiker der Rockgeschichte und irischer Folklore sowie eigene Kompositionen. Letztere sind vor allem intime Oden an seine Familie, Freunde und seinen Glauben, die Kelly mal in getragenen Balladen, mal in rockigen Hymnen interpretiert. Am stimmigsten sind jedoch die solistisch gesungenen Cover von Folksongs, etwa „Scarborough Fair“, das besonders durch die Beigabe von irischer Flöte, Uilleann Pipes und Fiddle gewinnt. Man darf nur hoffen, dass Kelly in seiner Karriereplanung seine noch unmündigen Kinder mit Umsicht der medialen Öffentlichkeit aussetzt und dass die Vermarktung seiner Familie inklusive Inszenierung in volkstümlicher Kleidung nicht nur dem Profit dient. Aus eigener, sicher oft leidvoller Erfahrung sollte er wissen, dass Kinderruhm seine Schattenseiten hat.
Judith Wiemers

 KENT NIELSEN: Shotgun Seat DJ
KENT NIELSEN
Shotgun Seat DJ
facebook.com/kentnielsenofficial
(Viking Wreckchords VW 130/Finetunes)
15 Tracks, 48:56 , mit Texten u. Infos


Hin und wieder müssen alte Männer einfach zeigen, wo der Hammer hängt, der Jugend beibringen, wie Musik funktioniert, was einen guten Song ausmacht und wie eine Produktion so klingt, dass man sie immer und immer wieder hören möchte. Kent Nielsen ist gar nicht so alt, hat aber schon so ziemlich alles erlebt, was man in Sachen Musik erleben kann. Manche kennen ihn vielleicht von One Bar Town, andere als Labelchef oder als streitbaren Verfechter von handgemachter Musik. Und jetzt, nach all diesen Jahren, das erste Soloalbum, das erste Werk unter eigenem Namen. Selbst produziert und per Crowdfunding finanziert. Mit einem Schwerpunkt auf eigenen Songs, begleitet von alten Weggefährten, bewegt sich der Sänger zwischen den Hot Rods und Calexico. Musik muss rau klingen und von Herzen kommen, selbst wenn man sich an Glen Campbells Songs vergreift. Die Kraft der Lieder ist enorm, und die traditionelle Bandbesetzung hat immer noch ihren Platz. Man möchte die Stücke laut hören, und obwohl Kent Nielsen formal Folk oder zumindest Americana spielt, laden die Songs zum Headbangen ein. Folk muss nicht nett sein, und die musikalische Welt besteht auch heute nicht nur aus traurigen Liebesballaden. Kent Nielsen sei Dank.
Chris Elstrodt
 ORPHANED LAND & AMASEFFER: Kna’an
ORPHANED LAND & AMASEFFER
Kna’an
orphaned-land.com
amaseffer.com
(Century Media Records 88985348542)
13 Tracks, 38:59 , mit Fotos


Mitunter erreicht Ungewöhnliches die Redaktion des Folker. Metal aus Israel in einer Fachzeitschrift für Weltmusik? Nun, Fakt ist, dass sich Kobi Farhi (voc) von der Heavy-Metal- Band Orphaned Land (gegründet 1991) sowie Erez Yohanan (perc) von Amaseffer (2004), ein hebräisches Wortspiel auf das „Volk des Buches“, des Projekts Kna’an („Kanaan“) annahmen. Dabei handelt es sich um eine im September 2014 im Landestheater Memmingen uraufgeführte Heavy-Metal-Oper des Kirchenmusikers und Musikwissenschaftlers Werner Grimmel (geb. 1952), die die Wanderung des biblischen Abrahams durch die Wüste beschreibt. Die dreizehn Titel dieses Albums, allesamt komponiert von den beiden bereits Genannten und Chen Balbus (g), ergeben gewissermaßen ein Konzeptalbum zum Theaterstück, musikalisch weiter unterstützt von Idam Amsalem (g), Uri Zelha (b) sowie Matan Shmuely (perc). Überraschenderweise klingt Heavy Metal wie etwa in „The Burning Garden“ eher selten an, vielmehr machen weich-melodiöse Stücke wie „A Tree Without No Fruit“ dieses nun vertonte Projekt zu einem abwechslungsreichen Hörerlebnis. Dem sonst bildreichen Begleitheft fehlen leider nicht nur ein kurzer Abriss zu den einzelnen Bühnenbildern, sondern auch die hebräischen und englischen Texte.
Matti Goldschmidt

 MUCHACHITO: El Jiro
MUCHACHITO
El Jiro
muchachitobomboinfierno.com
(El Orfanato Electrico OE04CD/Galileo MC)
11 Tracks, 39:36 , mit span. Texten u. Infos


Aus der sich teilweise doch geradezu formelhaft wiederholenden Barceloner Mestizoszene hebt sich der kleine quirlige Katalane bis heute mit sympathischer Unverwechselbarkeit ab. Nicht, dass der einundvierzigjährige Gitarrist mit der Reibeisenstimme von Album zu Album das Rad neu erfinden würde. Seine von Rumba Catalana, Funk, Rock und Swing gespeisten Hochgeschwindigkeitssongs haben von jeher eine so eigene Energie, dass sie nicht unbedingt großartige Mutationen brauchen. Und doch macht das vierte Album einen hörbaren Schwenk hin zu mehr Elektronik und ein wenig weg von der zuvor strikter kultivierten Rumba Catalana. Diese Wendung (span. giro) steckt im Albumtitel wie auch der Vorname des Musikers Jairo Perera. Bevor der einstige Straßenmusiker 2005 mit seiner Band Muchachito Bombo Infierno startete, machte er schon mit Trimelón de Naranjus von sich reden. Die urig-fröhliche „street credibility“ hat der deutlich gereifte Muchachito sich und seiner Musik allemal bis heute hör- und gerade auch in seinen lebhaften Konzerten sichtbar bewahrt. Auf einer Tour namens „La Maqueta“ („Das Demo“) testete er übrigens die neuen Songs, bevor sie zwischen Madrid und Jerez im Studio aufgenommen wurden.
Katrin Wilke
 SARAH-JANE SUMMERS & JUHANI SILVOLA: Widdershins
SARAH-JANE SUMMERS & JUHANI SILVOLA
Widdershins
sarahjanejuhani.com
(Nordic Notes NN083)
11 Tracks, 36:37 , mit engl Infos


Das Schöne an einem Zweitling ist, dass er den Hörern die Möglichkeit bietet, Entwicklungen nachzuvollziehen. Widderschins zeigt das überdeutlich. Das schottisch-finnische Ehepaar aus Oslo lotete bei seiner Albumpremiere vor drei Jahren ganz offensichtlich vorsichtig seine Möglichkeiten mit Gitarre und Fiddle aus. Gekonnt zwar und mit ein paar stimmungsvollen Melodien, aber alles im Bereich das Konventionellen. Widdershins dagegen ist selbstbewusst und zum Bersten voll mit kreativen Ideen für beide Instrumente, die gleichberechtigt agieren. Nehmen wir hier nur mal das Titelstück, eine Komposition von Sarah-Jane Summers: Eine nette Melodie mit ein paar perlenden Noten, und es dauert eine knappe Minute, bis die Fiddle das erste Mal dezent grollt und die Gitarre sie spielerisch herausfordert. Und die Fiddle antwortet, zuerst furios, nimmt sich zurück, um dann nur noch intensiver zuzuschlagen, Jimi Hendrix auf der Fiddle – und im Schlussteil spaziert die Melodie schon fast arrogant von dannen. Ähnliche Geschichten erzählt jeder Track dieses großartigen Albums, und auf die Handvoll Konzerte in Deutschland Anfang Dezember kann man sich jetzt schon freuen. Intensive Erlebnisse werden das.
Mike Kamp

 WE BANJO 3: String Theory
WE BANJO 3
String Theory
webanjo3.com
(Eigenverlag WB3CD004/)
12 Tracks, 44:28 , mit engl. Infos


Diese Stimme! Diese Banjos! Die vielfach ausgezeichnete irische Band We Banjo 3 präsentiert auf ihrem nunmehr vierten Album den bis ins letzte Detail perfektionierten Stilmix zwischen irischer Folklore und amerikanischem Bluegrass und setzt dem Ganzen als Kronleuchter noch die Stimmschönheit des Leadsängers David Howley auf. Die im Namen verankerte Besonderheit der Gruppe ist die Banjo-Dreierspitze, die durch weiteres Saiteninstrumentarium (Mandoline, Geige, Bratsche, Kontrabass, Gitarre) ergänzt wird und die sich von anderen zeitgenössischen Irish Folk Bands abhebt. Die Arrangements von amerikanischen Old-Time-Tunes und neu komponierten, in der Tradition irischer Folklore stehenden Stücken (etwa Ryan Molloys „Crann Na Beatha“) sind gepfeffert mit virtuosen Banjopickings, lässig hingeworfenen Blueskalen, Choppingeffekten und haarsträubend rasanten Duetten – oder besser gesagt Duellen? – zwischen Banjo, Geige und Gitarre („Kentucky Grind“). Die technische Finesse dieser Band kommt besonders in den schnellen Jigs und Reels zur Geltung, und instrumenteller Exzess macht die eingeschobenen, seelenvoll interpretierten Songs (etwa „This Is Home“ oder „Little Liza Jane“) besonders wirkungsvoll. Wundervoll.
Judith Wiemers