Folker-Logo   Abo   Mediadaten/Anzeigen


Suche
   Intern   Über uns


Kontakt/Impressum/Datenschutz

       
Aktuelle   Ältere   Gesamtverzeichnis   Bemusterung
 
Rezensionen der
Ausgabe 6/2014


Auswahl nach Heft-Nr:  
 


Tonträger


Besondere

Deutschland

Europa

Welt

Kurzrezensionen

Weitere Rezensionen

Online-Rezensionen




Plattenprojekt


Plattenprojekt


Bücher / DVDs / Filme


Bücher

DVDs

Cinesounds

Deutschland
 ALEX BEHNING: Hinterhofschuhe aus New York
ALEX BEHNING
Hinterhofschuhe aus New York
www.alexbehning.de
(Ufer Records UFRO 6062014)
Vinyl-LP plus CD, 11 Tracks, 39:07 , mit Texten


CDs gibt es, die möchte man gar nicht erst aus der Plastikverschweißung lösen. Ganz anders das neue Album von Alex Behning. Gutes altes Vinyl unter dickem Karton in Kodachrome-Farben mit dem Musiker, seiner Harmony-Akustikgitarre, einem alten Plattenspieler, darauf Dylans Highway 61 Revisited, daneben eine Scheibe von John Lee Hooker. Jedes Detail stimmt. Sogar das Stereosignet der alten Platten ist da. Der Inhalt erfüllt die Hoffnung voll und ganz: Wohltuend krachend geht es ab mit dem „Fünf Finger Blues“. Weiter geht es mit Folkblues, Fingerpicking der alten Schule, ab und an einem erdigen Knaller mit Elektrogitarre, hier einer Dobro, dort einer Hammond, etwas Irland und Countryanflügen. Alles auf den Punkt gespielt. Auf überflüssigen Schnickschnack hat der Wahlkonstanzer verzichtet. Erstaunlich, Alex Behning wurde 1968 geboren, zu der Zeit, als die Platten seiner heutigen Vorbilder so oder ähnlich klangen. Und der Mann singt seinen Blues auf Deutsch. Es sind einfache, eingängige Texte über die Liebe und das Leben – und wenn Worte und Musik eine so tiefe Symbiose eingehen wie bei „Auf dünnem Eis“, stellt sich ein wunderbar zerbrechliches Glücksgefühl ein.
Martin Steiner
 DIE GRENZGÄNGER: Maikäfer flieg! – Verschollene Lieder 1914-1918
DIE GRENZGÄNGER
Maikäfer flieg! – Verschollene Lieder 1914-1918
www.musikvonwelt.de
(Müller-Lüdenscheidt-Verlag)
16 Tracks, 57:39 , mit Texten u. Infos


Der Bremer Michael Zachcial gehört mit seiner Band schon viele Jahre zu jenen Folkmusikern, die historische Themen konzeptionell aufarbeiten. Der hundertste Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkrieges bot den Anlass für ihr Programm „Maikäfer flieg!“, welches nun auch als Album vorliegt. Es bietet bekannte und seltene Texte zwischen Größenwahn und Depression, darunter erwartungsgemäß schwer Verdauliches, aber auch Parodien wie „Brot und Frieden hätt’ ich gern“ oder „Aspirin“. Oder Brechts sarkastische „Legende vom toten Soldaten“. Und als Abschluss „Zogen einst fünf wilde Schwäne“, als zeitloses Friedenslied auch heute, wo es noch immer – oder schon wieder – Krieg und Leid in der Welt gibt, eindrucksvoll. Musikalisch reicht das Spektrum vom Sound der Zwanzigerjahre über traditionelle Folkmelodien bis hin zu modernen, jazzigen Klängen bei besonderer Erwähnung des virtuosen Akkordeons von Felix Kroll. Vorbildlich auch das vierzigseitige, reich illustrierte Booklet, in dem ein nahezu unglaubliches Zitat von Friedrich Engels zu finden ist, der 1887 diesen barbarischen Weltkrieg in all seinen Dimensionen vorausgesagt hatte.
Reinhard „Pfeffi“ Ständer

 SHANTEL & BUCOVINA ORKESTAR: The Mojo Club Session
SHANTEL & BUCOVINA ORKESTAR
The Mojo Club Session
www.bucovina.de
(Edel Content 0209517CTT/Edel Kultur)
Vinyl-Do-LP, 13 Tracks, 77:05


„The Kiez Is Alright“ heißt einer der letzten Erfolgstitel Shantels, nun hatte er im legendären Hamburger Musikmekka Mojo Club im Reeperbahn-Kiez Gelegenheit, das aufzunehmen, was in seiner Diskografie noch fehlt: ein Livealbum. Shantel hat sich zuletzt stark für die Übergangsphase des Rock ’n’ Roll zum Beat in den frühen Sechzigern interessiert, für das Milieu, in dem heute oft vergessene wilde Livebands entstanden, für Gitarrensounds aus dieser Zeit, Röhrenverstärker und entsprechende Mikros. Deshalb legte er großen Wert darauf, diese Aufnahme analog auf Bandmaschinen zu machen. Seiner Musik hat er seit dem letzten Album zudem mehr Garagensound gegeben. Die Aufnahmetechnik verleiht dem Klangbild tatsächlich etwas Ungeschöntes, Direktes. Völlig anders als die Studioaufnahmen. So hört sich eine Band am Bühnenrand an. Lediglich die Bläser sind etwas zurückgemixt. Aber die Rituale und besonderen Varianten einzelner Stücke, die man bislang nur in den Bühnenfassungen erleben konnte, sind hier eingefangen, das Publikum und die Atmosphäre hautnah vermittelt. Und Shantels momentanem Retrotouch entsprechend, gibt es das Album als 180g-Vinyl-Doppel-LP. Sammler wird es freuen.
Hans-Jürgen Lenhart
 TIDEMORE: By The Sea
TIDEMORE
By The Sea
www.tidemore.de
(Timezone TZ248)
11 Tracks, 44:20 , mit Texten


Es ist nicht ungefährlich, sich als Musiker auf Folkpop einzulassen. Gute Songs für akustische Gitarren gibt es zu Tausenden und auch die Spieltechnik wird selbst von den meisten Straßenmusikern ausgezeichnet beherrscht. Während es bei anderen Musikfarben oft möglich ist, die lohnenswerten Bands vom Durchschnitt zu unterscheiden, sind Akustikgitarristen im Folkpopsektor üblicherweise allesamt auf sehr hohem Niveau. Tidemore ist da keine Ausnahme. Elf wunderschöne Eigenkompositionen vertonen die zwei Brüder aus Thüringen auf ihrem zweiten regulären Album. Einen hohen Wiedererkennungswert erlangt das Duo, indem mal auf Deutsch, mal auf Englisch gesungen wird. Das klingt erst einmal befremdlich und beim ersten Durchhören nicht rund. Gerade auf die beiden deutschen Tracks wartet man aber in weiteren Durchgängen geradezu. Der Geist bleibt wach und man hört das Album vollständig und aufmerksam. Damit entgeht Tidemore einer weiteren Gefahr des Folkpop, nämlich der, als Hintergrundrauschen in Studentencafés zu enden. Sympathisch und musikalisch ausgereift ist das Duo allemal. By The Sea hat aber zusätzlich eine echte Chance, in den Gehörgängen zu verweilen, was den Künstlern wirklich zu wünschen wäre.
Chris Elstrodt

 TSCHING: Vagabundensuite
TSCHING
Vagabundensuite
www.tsching.net
(Eigenverlag)
15 Tracks, 65:37 , mit Zeichnungen u. dt. Infos


Was mag das wohl sein? Fragt man sich mit Blick auf das Cover mit einem gezeichneten gewaltigen Gerät aus diversen Blas- und Saiteninstrumenten und dem Bandnamen Tsching. Blasmusik? Und dann Tracktitel wie „Hejo“, „Taler“, „Schönerland“ oder „Maien“. Aufgelegt erklingen alsbald schräge, quirlige, rhythmische, ja, doch, Blas- und Stringmusiktöne aus den Lautsprechern, wie eine große Klezmer- oder Balkanmusikkapelle und doch von nur drei Berlinern auf Violoncello, Gitarre und Saxofon hervorgebracht. Und aus dieser Musik ostmittel- und südosteuropäischer Tradition entwinden sich plötzlich vertraute Melodien aus dem deutschen Volksliedgut, wie „Hejo, spann den Wagen an“, „Taler, Taler, du musst wandern“, „Kein schöner Land“ oder „Wie schön blüht uns der Maien“, ein wenig verfremdet, verklezmert zwar, doch erkennbar und somit behutsam aus dem starren Korsett der Schulunterrichtsmusik befreit und mit neu eingehauchtem Leben. Heimat und Fremde bekommen hier ein neues Verhältnis zueinander, umspielen einander, verschmelzen miteinander und öffnen den Horizont zu einem neuen Verständnis von Tradition und Volksmusik. Die Scheibe endet mit einer Verbindung von „Mazel Tov“ und „Maria durch ein Dornwald ging“, dem richtigen Soundtrack für den jüdisch-christlichen Dialog.
Michael A. Schmiedel
 FUNNY van DANNEN: Geile Welt
FUNNY van DANNEN
Geile Welt
www.funny-van-dannen.de
(JKP/Warner)
Promo-CD, 17 Tracks, 48:28


Alle ein bis zwei Jahre bringt Franz-Josef Hagmanns-Dajka aus Tüddern, besser bekannt als Funny van Dannen aus Berlin, seit 1995 seine Alben heraus. Immer wieder gelingen ihm Lieder mit unscheinbaren Alltagsgeschichten, die so wunderbar unfertig wirken. Seine Reflexionen über kleine und große Menschen- und Weltbeobachtungen sind ebenso originell wie hinterlistig, sind schlicht und raffiniert, sind kritisch und lebensbejahend, sind ironisch-philosophisch. Lakonisch vorgetragen, diesmal sogar mit mehreren Gastmusikern eingespielt, sind sie zwar keine musikalischen Offenbarungen, doch erfreuen und überraschen seine Texte immer wieder. Auf dieser neuen Produktion sind sie überwiegend geradezu positiv geraten, eine geile Welt eben. Ein poetisches Lied über nichts, Gähnen aus Spaß, das Bekenntnis, dass er keine Souldiva sei, immer wieder Geld, verlorene Menschen und Menschen im Glück, Arbeit in der Rüstungsindustrie und, dass man besser nicht den Wind fragt – es ist ein bunter Reigen wacher und verträumter Gedanken. Das sei nun die Platte, die er immer schon habe machen wollen, schreibt er im Pressetext, er sei sehr zufrieden. Und er hat auch allen Grund dazu.
Rainer Katlewski

 ZWECKGEMEINSCHAFT: Zweckgemeinschaft
ZWECKGEMEINSCHAFT
Zweckgemeinschaft
www.zweckgemeinschaft.com
(Eigenverlag)
12 Tracks, 54:31 , Texte


Christoph Scholtz, Rasmus König und Kai Schweiger, drei junge Männer aus Leipzig, alle Jahrgang 1984, sind zwei Jahre lang mit ihren Liedern durch die Gegend gezogen. Sie haben auf der Straße gesungen, in Wohnzimmern und auf kleinen und größeren Bühnen (TFF Rudolstadt 2014) und haben jetzt ihr Debütalbum herausgebracht, das mittels Crowdfunding finanziert wurde. Es sind Beziehungslieder des Dazwischen, keine heilen Welten, kein Himmelhochjauchzen, keine kitschigen Happy Ends, stattdessen Gefühle und Situationen in aller Widersprüchlichkeit. Ihre Lieder sind voller Melancholie, Einfühlungsvermögen, Nachdenklichkeit, manchmal spöttisch und manchmal anrührend. Es sind erstaunlich reife Texte, wortgewandt, voller kluger Bilder. Musikalisch ist das Trio vom Harmoniegesang durch Crosby, Stills, Nash & Young beeinflusst, zwei Zweckgemeinschaftler haben im Thomanerchor gesungen, zwei werden Musiklehrer, es sind also Profis am Werk. Unterstützung erhielten sie zudem von befreundeten Musikern. Mit Gitarren, Klavier, Percussion, Trompete und Streichern wird für einen wohligen Sound gesorgt. Es ist ein gelungener Start, mit einem gekonnten und liebevoll gestalteten Album, das Türen öffnen wird.
Rainer Katlewski