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Afrika
 AFRICAN HEAD CHARGE: Drumming Is A Language 1990-2011
AFRICAN HEAD CHARGE
Drumming Is A Language 1990-2011
(On-U Sound), 5-CD-Box, mit 36-seitigem engl. Booklet


In den Achtziger- und Neunzigerjahren wurde die britische Popmusik von einer Reihe von Seiteneinsteigern aus dem Bereich der traditionellen Musik der Völker belebt. Musiker/Produzenten wie Peter Gabriel (Realworld) oder Adrian Sherwood (On-U Sound) dokumentierten diese Trends auf ihren Labels. Während Gabriels Weltmusikidee zweispurig konzipiert war (strikt traditionell vs. zeitgenössisch aktuell), suchte Sherwood bevorzugt nach Acts, die auch in der damals gerade ausgesprochen populären Technoszene Anklang fanden. So wie African Head Charge, das musikalische Projekt des Percussionisten Bonjo Iyabinghi Noah. Aus AHCs großem Oeuvre hat Produzent Sherwood vier repräsentative Werke ausgewählt: Songs Of Praise (1990), In Pursuit Of Shashamane Land (1993), Vision Of A Psychedelic Africa (2005) und Voodoo Of The Godsent (2011). Alle Alben wurden remastert und mit Bonustracks versehen. CD 5 enthält unter dem Titel Churchical Chant Of The Iyabinghi je fünf Dubversionen von Titeln aus Praise und Shashamane. Fazit: Auch nach all den Jahren ist AHCs heterogener Reggaeansatz auf eine angenehme Art zeitlos geblieben. Und wer weiß, vielleicht entdecken junge DJs dank dieser CD-Box diese Musik neu.
Walter Bast



Nordamerika
 ARBOURETUM: Let It All In
ARBOURETUM
Let It All In
(Thrill Jockey Records), mit engl. Texten


Das Wasser, das Wetter, die Nacht; Fieberträume, Mythen und Märchen – die vierköpfige Band aus Baltimore führt in eine sonderbare Welt ein, voll schwebender Symbolik und einer übermächtigen Natur, in deren Romantik auch immer die Ahnung großer Zerstörungskraft steckt. Alte Geschichten schimmern vom Grund der Songs auf, die Klänge wurzeln in einem schweren psychedelischen Folkrock voller Hall, verschlungene Gitarrensoli beanspruchen ausgiebig Raum, Anleihen an frühen Metal zeigen sich ebenso wie Fragmente uralter englischer Lieder. Die Ästhetik der späten Sechziger und frühen Siebziger lebt auf, Progrock liegt nur eine Armlänge entfernt. Songschreiber, Sänger und Gitarrist Dave Heumann breitet sich mit seinen Stücken gern aus, soliert umfangreich, schafft es, einen apokalyptischen Punkrocker wie den Titeltrack auf zwölf Minuten zu dehnen. Aber was raus muss, muss raus. Dass er manchmal wie Bryan Ferry klingt, etwa bei „Buffeted By Wind“, zeigt die stark melodiösen Aspekte seiner Musik. Nach Rettung sucht Heumann im Kinderglauben: „You won’t get caught if you just hide your eyes when you sing along.“ Wir möchten ihm gern glauben in Zeiten der Angst.
Volker Dick
 THE DANBERRYS: Shine
THE DANBERRYS
Shine
(Singular Recordings)


„Take a hand, be a friend, / It all begins when we put an end to the hate that we create / While enslaved to the way of men.“ Americana auf der Höhe der Zeit liefern Sängerin Dorothy Daniel und Gitarrist Ben DeBerry Nashville nicht nur im Albumhighlight „Love Conquers War“. Neben der schwungvollen Gospelhymne überzeugen auch die restlichen elf energischen Tracks. Koproduziert wurde die vierte Scheibe des verheirateten Duos von Marco Giovino, der auch exzellente Drums und Percussion beisteuert. Zum ehemaligen Mitglied von Robert Plants Band of Joy passt als Gastsänger auf dem ebenfalls mit stark religiösen Untertönen aufgeladenen „The Mountain“ auch dessen Weggefährte Darrell Scott. An Plants dunklen Folkrock mit Patty Griffin, die elektrisch-bluesige Seite von Lucinda Williams, die souveräne Klarheit von Rosanne Cash und die elegischen Cowboy Junkies erinnert das. Beste Referenzen. Und nicht vergessen: „Hand in hand, every man, all is one, we shall overcome!“
Martin Wimmer

 FRAZEY FORD: U Kin B The Sun
FRAZEY FORD
U Kin B The Sun
(Arts & Crafts Productions)


Im Trio The Be Good Tanyas hat Frazey Ford die Tiefen von Folk und Bluegrass ausgelotet, nun ist sie bereits seit gut zehn Jahren solo unterwegs. Musikalisch hat sie sich unterdessen in Richtung Soul und Gospel weiterentwickelt. Wobei sie mit U Kin B The Sun ein großes Wagnis einging, hatte sie zu Beginn der Aufnahmen doch nur einige Skizzen, keine fertigen Songs zur Hand, und überließ sich ganz dem Prozess der Studioaufnahme, ohne genaue Vorstellung von einem Gesamtbild. Das ist dem Album anzumerken. Standen sonst bei ihr die Songs und Arrangements im Mittelpunkt, leben die elf Titel mehr von einer atmosphärischen Kraft, wie sie im Call-and-Response der Gospelmusik zu finden ist. Dabei ist ihr Gesang kaum zu verstehen, sie presst und knebelt die Worte, als ginge es mehr um deren Klang als um deren Bedeutung. Dominierend ist auf diesem Album das Piano, das von Bass und Schlagzeug kraftvoll unterstützt wird und im Zusammenspiel mit Fords eigenartiger Stimme eine Art „white gospel music“ entstehen lässt. So hat sie sich noch einen guten Schritt weiter entfernt von dem, was die Folkmusik ihrer Jugend war. Doch taucht auch diese immer wieder auf diesem Album auf, wie ein kleiner Schimmer, der sich auf die Songs legt.
Michael Freerix
 JEFFREY FOUCAULT: Blood Brothers
JEFFREY FOUCAULT
Blood Brothers
(Blueblade Records), mit engl. Texten


Diese Begabung, mit wenigen Wörtern Bilder aufscheinen zu lassen. Die Fähigkeit, eine dazu passende Musik von der Qualität atmosphärischer Soundtracks zu schreiben. Das Glück, mit einer warmen und ausdrucksstarken Stimme gesegnet zu sein. Und der Umstand, fähige Instrumentalisten an der Seite zu wissen, die sonst für Acts wie Lucina Williams, Booker T und die Pretenders spielen. Bei Jeffrey Foucaults sechstem Soloalbum kommt allerhand zusammen. Der 44-jährige Songschreiber aus dem mittleren Westen der USA verbreitet eine nachdenkliche Grundstimmung, blickt zurück, lässt schöne wie schmerzliche Momente passieren, gefasst in ein Klangbett aus Country, Folk, Rock und Blues. Im Opener „Dishes“ heißt es: „The light’s always perfect / Just before it fails.“ Der Schönheit wohnt immer die Gewissheit des Vergehens inne. Mit dem Titelstück liefert er eine von mehreren wunderbaren Balladen; diese schaut auf eine vergangene Beziehung, von der als Gespenst ein Lächeln übrigbleibt – und das Bedauern über gesagte Sätze. Ehefrau Kris Delmhorst veredelt das Ganze, wie auch Kollege Tift Merritt und Kenneth Pattengale von den Milk Carton Kids. Eine Sammlung von Perlen von einem Meister des Timings.
Volker Dick

 JANA HERZEN: Nothing But Love
JANA HERZEN
Nothing But Love
(Springstoff)


Vom ersten Ton an nimmt die New Yorkerin den Zuhörer gefangen. Ihre zwölf Kompositionen von Jazz über Folk bis Soul lassen die Alltagsroutine sofort vergessen und machen fast süchtig. Die Tochter der renommierten Immunologen Leonard und Leonore Herzenberg studierte ursprünglich Drama und arbeitete zehn Jahre lang als Schauspielerin, Dramaturgin und Regisseurin in der Manhattan Class Company. Die Singer/Songwriterin und Gitarristin fühlte sich aber immer zur Musik hingezogen. 2003 gründete sie daher das mit dem Grammy ausgezeichnete Label Motéma Music, wo sie inzwischen mehr als vierzig Künstler und über achtzig Alben produzierte. Die neueste Veröffentlichung ihrer eigenen Lieder kann dabei sicher zu den Höhepunkten zählen. Die exzellent arrangierten und eingespielten melancholischen Stücke über Verlust, Isolation, Freude, Hoffnung und Aufbruch gehen unter die Haut. Die herzenswarme Stimme in der Tradition etwa einer Joni Mitchell und ihre vielfältigen Klangfarben sind ein wahrer Genuss. Ihre poetische Erzählkunst harmoniert vorzüglich mit der einfühlsamen Instrumentierung aus Violine, Jazzgitarre, Piano, Bass und Schlagzeug. Ein Album, um Krisen mit einem Lächeln durchzustehen.
Erik Prochnow
 EMMA HILL: Magnesium Dreams
EMMA HILL
Magnesium Dreams
(Kuskowim Records)


Von Alaska her ist Emma Hill bereits seit 2007 unterwegs, immer ihre eigene Herrin, immer nur sich selbst verpflichtet. Sie hat sich in dieser Zeit von den spartanischen Alben ihrer Frühzeit gelöst, ihren Songs ausladende Arrangements verpasst, wobei es live ganz pur blieb, nur sie und ihr langjähriger Mitstreiter Bryan Daste. Ihr Songschreibertum blieb unterdessen auch eher einfach. Hill unterwirft sich keinen modischen Trends. Selbst die Covergestaltung liegt nach wie vor in den Händen der Zeichnerin Laura Lauterbach. Nun wirkt Magnesium Dreams noch viel intensiver durcharrangiert, als ginge es darum, ihren sehr persönlichen Songs eine gewisse Popdramatik zu verleihen. Eine spielerische Gestaltungsfreiheit prägt dieses Album. Durchgängig schwebt ihre eigenartige Stimme über den Arrangements, die von Daste stammen, der auch die Geigenparts nicht nur gespielt, sondern auch geschrieben hat. Man hört auf diesem Album Theremin, singende Säge, Cello, Banjo und die Pedal Steel intensiv miteinander verwoben musizierend. Manchmal löst sich das Arrangement von den Songs ab und entwickelt ein Eigenleben. So schwankt dieses Album zwischen konzentriertem Singer/Songwritertum und opulentem Pop.
Michael Freerix

 DAVID ROTH : Meet You Where You Are
DAVID ROTH
Meet You Where You Are
(Stockfisch), mit engl. Texten u. Infos


Schon allein die Besetzungsliste seines fünfzehnten Albums lässt den geneigten Musikfreund mit der Zunge schnalzen. Der amerikanische Songpoet David Roth, selbst ein ausgezeichneter Gitarrist, bat Jens Kommnick, einen der profiliertesten deutschen DADGAD-Fingerstyler, ihn bei seiner neuen Produktion zu unterstützen. Kommnick brachte gleich auch noch Bouzouki, Low Whistle und eine Kontrabassgitarre ins Studio mit, wo sich die Akkordeonisten Manfred Leuchter und Beo Brockhausen, der Kontra- und Fretless-Bassist Hans-Jörg Maucksch hinzugesellten. Die fabelhafte Sängerin Lea Morris steuerte Backing Vocals bei, Lucile Chaubard an Cello und Justin Ciuche an der Violine setzten hoch- und tieftönende Glanzlichter. Wenn man nun noch weiß, dass der deutsche Studioguru Günther Pauler an den Reglern saß, dann sollte spätestens diese Erkenntnis kaufentscheidend sein. Der Klang der Super-Audio-CD ist unglaublich gut, fürwahr audiophil. Transparente, räumlich und glasklar zu verortende Instrumente umrahmen die warme, emotionale Stimme des Amerikaners, mit der er seine anrührenden, Mut machenden Songs vorträgt, darunter das sehr persönliche „Rise, We Will“, in dem er seine Erinnerungen an den 11. September 2001 verarbeitet. Ein zum Niederknien schönes Album.
Ulrich Joosten



Lateinamerika
 TIGANÁ SANTANA: Vida-Código
TIGANÁ SANTANA
Vida-Código
(Ajabu! Records)


Der Singer/Songwriter und klassisch ausgebildete Gitarrist, Poet und Philosoph aus Bahia lehrt uns jetzt schon vier Alben lang das Erhabene musikalischer Langsamkeit. Mit seinem teils androgyn anmutenden Gesang vermag der polyglotte Künstler seine Zuhörer zu betören. Der mit der Mischreligion Candomblé direkt assoziierte Afrobrasilianer, der unter anderem Sprachen Afrikas wie Kikongo und Kimbundu studierte, kreiert neben den kulturhistorisch etablierten afrobrasilianischen Allianzen seine ganz eigenen zwischen dem Heimatland und dem afrikanischen Mutterkontinent. Anders als die Vorgänger gestaltet sich dieses Album leicht elektrifizierter, aufgenommen mit einer handverlesenen Schar von Landsleuten. Durch das überwiegend Getragen-Majestätische fällt einem beim Hören kaum auf, dass nach gut dreißig Minuten und neun mehrheitlich selbst komponierten Songs schon Schluss ist. Und offenbar ist von dem 37-jährigen Barden, der seit 2010 in der Musiker-Megapolis São Paulo lebt und in seiner Arbeit eigentlich die Ruhe weg zu haben scheint, dieses Jahr noch eine weitere Veröffentlichung zu erwarten: Milagres, die Neulektüre des 1973 erschienenen, zensierten Albums Milagre Dos Peixes von Milton Nascimento.
Katrin Wilke



Australien/Ozeanien
 NADIA REID: Out Of My Province
NADIA REID
Out Of My Province
(Spacebomb)


Schwer zu sagen, weshalb die Neuseeländerin Nadia Reid hierzulande so erfolgreich ist. Schon Album Nummer eins wurde 2015 mit großer Aufmerksamkeit bedacht, die ihr eine Englandtour und anschließend auch Auftritte in Deutschland einbrachte. Schnell wechselte sie danach von kleinen Auftrittsorten in größere. Sicher gehören das Stille, Persönlich-Private, das ihre Musik umschwebt, und die große Zurückhaltung ihres Vortrags zu ihren großen Stärken. Es erinnert an Außenseiter-Songschreiber der frühen Siebzigerjahre. Auf Out Of My Province ist vieles sehr sparsam arrangiert, eher nur die gezupfte elektrische Gitarre und ihr Gesang zu hören, doch manchmal baut im Hintergrund ein Geigenarrangement einen imaginären Raum auf. Reid singt klar und einfach, ohne Allüren. Mit weicher Stimme erzählt sie von Verzweiflung und Selbstmordversuchen – und wie man diese Stimmungen überwindet. Wirkten ihre ersten beiden Alben spartanisch im Klang, versucht sie jetzt mit Streicherarrangements und Bläsern etwas gefälliger zu wirken, doch ändert das wenig an der düsteren Dramatik ihrer Poesie.
Michael Freerix