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Backkatalog   Ausgabe Nr. 4/2019   Internetartikel
»Es gibt längst viele Künstlerinnen, die zwischen den Stilgrenzen wildern.«
Rhiannon Giddens, Leyla McCalla, Allison Russell, Amythyst Kiah * Foto: Shore Fire Media

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Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

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Aktuelle Alben:

Ashley Campbell: The Lonely One
(Whistle Stop Records, 2018)

Rhiannon Giddens, There Is No Other
(Nonesuch/Warner, 2019)

Rhiannon Giddens/Amythyst Kiah/Leyla McCalla/Allison Russell, Songs Of Our Native Daughters
(Smithsonian Folkways, 2019)

Reba McEntire, Stronger Than The Truth
(Big Machine Records, 2019)

Kacey Musgraves, Golden Hour
(MCA/Universal, 2018)

Mavis Staples, We Get By
(Anti-/Indigo, 2019)

Trisha Yearwood, Let’s Be Frank
(Gwendolyn Records, 2019)

Cassandra Wilson, Coming Forth By Day
(Legacy, 2015)



Southern Queens

Die amerikanischen Südstaaten und ihre musikalischen Meisterinnen

Nicht wenige Musikfreunde sind der Ansicht, dass unsere komplette populäre Musik in New Orleans geboren wurde. Wem diese Meinung zu radikal ist, der wird zumindest zugeben müssen, dass die amerikanischen Südstaaten Blues, Jazz, Country, Rhythm and Blues, Western Swing, Soul und somit die Grundlagen sämtlicher Stile zeitgenössischer Popmusik hervorgebracht haben. Und es wachsen immer wieder neue Musikerinnen nach, die ein tiefes Verständnis für das musikalische Vermächtnis ihrer Heimat haben.

Text: Rolf Thomas

Die Grenze zwischen Weiß und Schwarz ist immer noch ziemlich eindeutig, hat sich aber stärker aufgelöst, als das von der anderen Seite des Atlantiks zu erkennen ist. Folk und Country auf der weißen, Soul und Rhythm and Blues auf der schwarzen Seite sind noch einigermaßen dingfest zu machen – es gibt aber auch längst viele Künstlerinnen, die zwischen den Stilgrenzen wildern.
Mavis Staples wurde zwar nicht in den Südstaaten geboren, sondern in Chicago. Ihre verstorbene ältere Schwester Cleotha, die genau wie Mavis und eine weitere verstorbene Schwester namens Yvonne zusammen mit ihrem Vater Roebuck „Pops“ Staples die Staple Singers bildeten, aber sehr wohl. Außerdem haben die Staple Singers die musikalische und politische Geschichte der Südstaaten geprägt wie kaum eine andere Band – denn Pops Staples war mit Martin Luther King befreundet, sein Song „Why? (Am I Treated So Bad)“ war mit ein Startschuss für die Bürgerrechtsbewegung der Sechzigerjahre. Die Staple Singers sangen nicht nur für King, sondern wurden auch von den weißen Rockstars ihrer Zeit verehrt – Bob Dylan hielt bei Pops um Mavis’ Hand an (sie hat abgelehnt), die Staple Singers traten im Abschiedsfilm von The Band, The Last Waltz (Regie: Martin Scorsese), auf und hatten in den Siebzigerjahren gar zwei Nummer-eins-Hits in den USA, das ikonische „I’ll Take You There“ und das nicht ganz so bedeutende „Let’s Do It Again“. Mavis ist die letzte Überlebende der Familie und haut seit 2007 eine spektakuläre Platte nach der anderen raus – von „reifen Alterswerken“ möchte man bei der äußerst agil auftretenden Achtzigjährigen nicht reden. Das jüngste Album We Get By wurde von Ben Harper komponiert, arrangiert und produziert, der sich damit in eine beeindruckende Riege von Mavis-Produzenten einreiht, die von Curtis Mayfield und Prince über Ry Cooder bis Jeff Tweedy und M. Ward reicht.

Rhiannon Giddens erlangte als Sängerin und Banjospielerin der Old-Time-Band Carolina Chocolate Drops Ruhm und Ehre – geboren wurde sie in North Carolina. Auf ihrem ersten Soloalbum Tomorrow Is My Turn spielte sie ausschließlich Songs, die von Frauen geschrieben oder gesungen worden waren – für die Platte erhielt sie eine Grammy-Nominierung als „Folk Album of the Year“. Ihr neues Werk There Is No Other ist von Joe Henry produziert worden und enthält neben sechs Originalen äußerst rare Coverversionen von „Brown Baby“ (Oscar Brown Jr.) über „Gonna Write Me A Letter“ (Ola Belle Reed) bis zum italienischen Traditional „Pizzica Di San Vito“. Das Album entstand in Zusammenarbeit mit dem italienischen Multiinstrumentalisten Francesco Turrisi, von dem Giddens ganz begeistert ist: „Für uns beide dreht sich alles um Bewegung. Wir nähern uns der Musik auf ähnliche Weise, da wir eine ähnliche Erziehung hinsichtlich der Herkunft von Musik genossen haben. Wenn es jedoch ums Musizieren selbst geht, spielen wir beide einfach, was wir fühlen.“

... mehr im Heft.