Folker-Logo   Abo   Mediadaten/Anzeigen


Suche
   Intern   Über uns


Kontakt/Impressum/Datenschutz

       
Backkatalog   Ausgabe Nr. 3/2018   Internetartikel
»Mein eigenes Theater ist eine private Insel, von der ich in die Welt hinausgehen kann.«
Jaromir Nohavica

[Zurück zur Übersicht]



Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

Oder gleich zum (Schnupper-)Abo.






Auswahldiskografie:

Poruba
(Eigenverlag, 2017)

Tak Mě Tu Máš
(Eigenverlag, 2012)

V Lucerně
(live; Eigenverlag, 2009)

Ikarus
(Eigenverlag, 2008)


Buchtipps:
The Jarek Nohavica Songbook
(mit engl. Übers. der Liedtexte durch Mark Landry; plus Do-CD; Montanex, 1999)

Frank Viehweg, Solange man singt
(plus CD; Nora, 2009)


Cover Poruba


Die Macht der Worte

Jaromír Nohavica

Meister der Liedkunst mit dunkler Vergangenheit

Seit mehr als dreißig Jahren zählt Jaromír Nohavica zu den ganz großen Liedermachern Europas. Seine po­li­tischen und poetischen Texte be­stechen durch eine außer­ge­wöhn­liche sprachliche Kraft und seine Melodien treffen ins Herz der tschechischen Volksseele. Doch Nohavicas Vergangenheit als Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes holt ihn immer wieder ein. Die anhaltende öffentliche Diskussion um den Musiker zeigt, wie schwer sich die Tschechen noch immer mit ihrem kommunistischen Erbe tun. Vor allem aber überdeckt sie das einzigartige künstlerische Wirken Nohavicas, das weit über die Liedermacherkunst hinausreicht.

Text: Erik Prochnow

„Solange man singt, ist doch noch nicht alles verloren.“ Diese vor dreißig Jahren als Hoffnungszeichen geschriebene Refrainzeile von „Dokud Se Zpívá“, des wohl berühmtesten Liedes Jaromír Nohavicas, könnte sich einmal als Bumerang erweisen. Denn je länger er singt, desto mehr Schatten wirft die lebende Liedermacherlegende auf ihr einzigartiges künstlerisches Schaffen. Derzeit spaltet der Musiker, der im Juni seinen 65. Geburtstag feiert, seine Zuhörerschaft zunehmend.
Auf der einen Seite gibt es kaum einen Tschechen, der nicht wenigstens eines von Nohavicas Liedern singen kann. Seine Konzerte etwa in der Prager O2-Arena sind in wenigen Tagen ausverkauft, seine Alben stehen sofort an der Spitze der Charts, und der gebürtige Ostrauer wird immer wieder mit hochrangigen Preisen dekoriert – wie etwa der Ehrenmedaille des Staates im Bereich Kunst, die ihm Präsident Míloš Zeman im Oktober 2017 verlieh. Andererseits schlägt Nohavica Hass entgegen, wird er öffentlich als Verräter beschimpft und von Liedermacherkollegen verspottet. Auslöser war die Aufdeckung seiner Verbindung zum staatlichen Geheimdienst Státní Bezpečnost (StB) im kommunistischen Regime.
Obwohl Nohavica sofort nach der Veröffentlichung 2006 Stellung bezog, seinen Fehler zugab und bereute, der Staatssicherheit Informationen preisgegeben zu haben, kritisieren seine Gegner die Äußerungen als ungenügend. Ihm wird vorgeworfen, die Mitarbeit nicht selbst öffentlich gemacht zu haben und sich nicht deutlich vom Bespitzeln befreundeter Liedermacher wie Karel Kryl oder von Schriftstellern wie Pavel Kohout zu distanzieren. Außerdem gießt der Ostrauer laufend weiter Öl ins Feuer seiner Kritiker. So führten Treffen mit Tomi Okamura, dem japanischstämmigen Führer der rechten Partei Svoboda a Přímá Demokracie („Freiheit und direkte Demokratie“), vor der Präsidentenwahl 2017 sowie zweifelhafte Äußerungen über Ausländer oder Homosexuelle in seinen Texten zu einem Aufruhr in den Medien und der Öffentlichkeit.

... mehr im Heft.