Folker-Logo   Abo   Mediadaten/Anzeigen


Suche
   Intern   Über uns


Kontakt/Impressum/Datenschutz

       
Backkatalog   Ausgabe Nr. 1/2016   Internetartikel
»Wir merkten bald, dass wir die alten mexikanischen Nummern gar nicht spielen konnten – zu schwierig!«
Los Lobos

[Zurück zur Übersicht]



Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

Oder gleich zum (Schnupper-)Abo.






Auswahldiskografie:

Los Lobos:

Gates Of Gold
(Proper, 2015)

La Pistola Y El Corazón
(Warner, 1988)

How Will The Wolf Survive
(Warner, 1984)

Sonstige:

Flaco Jimenez, Ay Te Dejo En San Antonio Y Mas!
(Arhoolie, 1986)

Ry Cooder, Chicken Skin Music
(Reprise Records, 1976)


Cover Gates of Gold


Hinter Toren aus Gold

Los Lobos und Tex-Mex

Man kennt sie durch ihren Hit „La Bamba“. Die Coverversion des mexikanischen Volkslieds, das zuerst von Ritchie Valens Ende der Fünfzigerjahre bekannt gemacht wurde, katapultierte die Gruppe Los Lobos 1987 aus dem Hispanics-Viertel von Los Angeles auf Platz eins der amerikanischen Charts und zu weltweiter Popularität. Seither sind „die Wölfe“ nicht mehr einfach bloß irgendeine Band von der Ostseite von Los Angeles, wie der englische Untertitel „Just Another Band From East L. A.“ ihres Debüts Del Este De Los Angeles in Anlehnung an einen Albumtitel von Frank Zappa mit gehörigem Understatement behauptete. Vielmehr ist die Gruppe im Laufe ihres über vierzigjährigen Bestehens zum musikalischen Aushängeschild der mexikanischstämmigen Minderheit in den USA geworden. Sie geben den vierunddreißig Millionen Chicanos (phonetische Abschleifung von „Mexicanos“) eine Stimme, die fast zwei Drittel der sechsundfünfzig Millionen amerikanischen Latinos ausmachen. Mit siebzehn Prozent der Gesamtbevölkerung bilden die Hispanics inzwischen die zweitgrößte ethnische Gruppe in den USA. Einer der Musikstile, der im Zuge dieser Migrationen entstanden ist, ist die Tex-Mex-Musik, eine vielfältige Volksmusik, die entlang des Rio Grande zwischen Mexiko und Texas beheimatet ist und die sich vor allem durch den Einsatz von Akkordeon, Bajo-Sexto-Gitarre, Bass und Schlagzeug auszeichnet.

Text: Christoph Wagner

Im Herbst vergangenen Jahres ist ein neues Album von Los Lobos erschienen – das erste seit fünf Jahren. Es enthält keine radikalen Neuerungen, sondern streicht die Qualitäten ihrer Musik abermals deutlich heraus. Die Gruppe steht für eine würzige Mischung aus Rock ’n’ Roll, Country, Rhythm and Blues und Rock, angereichert mit feurigen Cumbiarhythmen und Klängen, deren Ursprung in die Zeit zurückreichen, als Texas noch zu Mexiko gehörte (bis 1836). Mit „La Tumba Sera El Final“ enthält das Album sogar eine waschechte Tex-Mex-Nummer mit wimmerndem Akkordeon und ergreifendem Harmoniegesang in Spanisch.
„Gates Of Gold“ heißt das Titelstück. Es thematisiert die Erfahrungen der Einwanderer von südlich des Rio Grande, die sich auf eine ungewisse und gefahrenvolle Odyssee ins Gelobte Land einlassen – schwankend zwischen Hoffnung und Verzweiflung. „Welchen Weg gehen wir? Ich kann nicht behaupten, dass ich das wüsste“, heißt es im Refrain des Liedes. „Einige sagen, dass es ein Land ist, in dem man nie alt wird, aber nur Gott weiß, was sich hinter den Toren aus Gold befindet.“
Als Los Lobos 1973 entstanden – einige Mitglieder kannten sich bereits aus der Schule – bildeten mexikanische Folksongs das musikalische Ausgangsmaterial. „Wir gingen die Schallplattensammlung der Mutter unseres Gitarristen Cesar Rosas durch, der aus Hermosillo in Mexiko stammt, und versuchten, einige dieser alten mexikanischen Nummern zu lernen, dazu auch andere traditionelle Songs“, erinnert sich Saxofonist Steve Berlin, der einzige Nicht-Chicano der Gruppe. „Wir spielten damit herum, merkten aber bald, dass wir das gar nicht spielen konnten – zu schwierig! Das flößte uns Respekt vor dieser Musik ein.“
Im neunzehnten Jahrhundert waren es die orquestas típicas, die den Ton der populären Musik auf beiden Seiten des Rio Grande bestimmten. Mit Streich- und Blasinstrumenten eiferten sie den europäischen Salonorchestern nach. Sie traten bei Hausfesten, Tanzveranstaltungen und in Ballsälen auf und sorgten in Restaurants für Unterhaltung. Ihr Repertoire bestand aus den Modetänzen, die damals von Europa aus um die Welt gingen: Polka, Walzer, Mazurka und Schottisch standen hoch im Kurs.
Zum Star der Szene avancierte die Sängerin Lydia Mendoza (1916-2007). Sie hatte bereits im Alter von zehn Jahren ihre erste Schallplattensession absolviert, als sie ihre Eltern bei Gesangsaufnahmen auf der Mandoline begleitete. Mit sechzehn spielte sie ihre erste eigene Platte ein, was rasch zu Erfolgen führte. Ihr Gesang wurde bewundert und Mendoza als „La Gloria de Texas“ gefeiert oder „La Alondra de la Frontera“ genannt: „die Lerche von der Grenze“.

... mehr im Heft.