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Backkatalog   Ausgabe Nr. 6/2015   Internetartikel
Michael Kleff * Foto: Ingo Nordhofen

Resonanzboden
— Gedanken zur Zeit




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Zeichnung: Woody Guthrie
Mit freundlicher Genehmigung von Woody Guthrie Publications


Michael Sez

Es war ja zu er­war­ten. Schon seit dem Aus­schei­den Jan Reichows als Lei­ter der Volks­mu­sik­re­dak­ti­on des WDR vor zehn Jah­ren wur­de der Be­reich Folk, Lied und Welt­mu­sik im­mer wei­ter an den Rand ge­drängt. Es ka­men das Aus für die „Ma­ti­nee der Lie­der­sän­ger“ so­wie „Re­for­men“, die von vie­len eher als Pro­gramm­ab­bau be­zeich­net wur­den. Jetzt steht der nächs­te Ein­schnitt an. Wer­ner Fuhr hat­te sei­nen Schreib­tisch En­de Sep­tem­ber noch nicht ge­räumt, als der Rund­funk­rat be­reits seit Län­ge­rem be­ste­hen­de Plä­ne zur Ver­än­de­rung des Pro­gramms ver­ab­schie­de­te. Dem­nach wird die Spät­abend­schie­ne mit der Sen­dung „WDR 3 Open – Sound­worl­d“ auf­ge­löst. Die „WDR 3 Mu­sik­kul­tu­ren“ an Wo­chen­en­den und an Fei­er­ta­gen fal­len er­satz­los weg. Die „Mu­sik­kul­tu­ren“-In­hal­te sol­len in­ner­halb ei­ner neu­en zwei­stün­di­gen Spät­abend­schie­ne Raum fin­den. Der Ar­beits­ti­tel für die Sen­dung – „Jazz & Worl­d“ – er­in­nert mich an ei­ne Er­fah­rung, die ich als Kind ge­macht ha­be. Ich las da­mals die Ras­sel­ban­de. Das war ei­ne Ju­gend­zeit­schrift, die erst­mals 1953 er­schien und 1966 in der kurz­le­bi­gen Zeit­schrift Wir auf­ging. Die wie­der­um wur­de zu OK, ei­ner Mu­sik­zeit­schrift, die ein we­nig se­riö­ser über die ak­tu­el­le Mu­sik­sze­ne be­rich­te­te als Bra­vo. Es dau­er­te nicht lan­ge und die Re­dak­tio­nen der bei­den Zeit­schrif­ten wur­den ver­ei­nigt. Für ei­ne kur­ze Zeit er­schie­nen sie un­ter ei­nem ge­mein­sa­men Ti­tel: Bra­vo/OK. Wo­bei der Schrift­zug „OK“ in­ner­halb we­ni­ger Mo­na­te im­mer klei­ner wur­de und schlie­ß­lich ganz ver­schwand. Was das mit der Welt­mu­sik im WDR zu tun hat? Nun, die Stel­le Wer­ner Fuhrs wird nicht neu be­setzt. Die von ihm ver­ant­wor­te­ten Pro­gramm­in­hal­te sol­len von Dag­mar Töp­fer und Bernd Hoff­mann be­treut wer­den. Doch auch die­se bei­den Re­dak­teu­re wer­den dem Ver­neh­men nach wohl schon in ein paar Jah­ren in den Ru­he­stand ge­hen. Noch Fra­gen? Es soll dann kei­ner sa­gen, ich wür­de im­mer nur al­les schwarz­se­hen!
Doch re­den wir über Mu­sik (und Po­li­tik). End­lich kann ich ei­nen mei­ner Lieb­lings­rock­ti­tel wie­der auf­le­gen, oh­ne ein ganz so schlech­tes Ge­wis­sen zu ha­ben: „Sweet Ho­me Ala­ba­ma“. Nach­dem der US-Bun­des­staat South Ca­ro­li­na vor ei­ni­gen Mo­na­ten die Süd­staa­ten­flag­ge, ein Re­likt aus den Zei­ten der Skla­ve­rei, von sei­nem Re­gie­rungs­sitz ent­fernt hat­te, schau­ten sich Re­dak­teu­re des US-ame­ri­ka­ni­schen Rol­ling Sto­ne ein­mal die On­line­shops von Mu­si­kern an, die ger­ne Ar­ti­kel mit der um­strit­te­nen Sym­bo­lik an­bie­ten. Ly­nyrd Sky­nyrd wa­ren un­ter de­nen, die ganz schnell den letz­ten Mer­chan­di­sin­g­ar­ti­kel mit der Kon­fö­de­rier­ten­flag­ge aus dem An­ge­bot ge­nom­men hat­ten. Un­ver­bes­ser­li­che wer­den den­noch ih­re Be­dürf­nis­se er­fül­len kön­nen. So zum Bei­spiel mit dem „Re­bel-Win­g“-T-Shirt der Grup­pe Nash­ville Pus­sy. Oder dem „Hes­her Dream T-Shir­t“ der te­xa­ni­schen Me­tal­band Pan­te­ra, auf dem ei­ne nack­te Blon­di­ne vor der Flag­ge zu se­hen ist. Und auch der Sän­ger Kid Rock, der ger­ne auf ei­ner mit groß­for­ma­ti­gen Flag­gen ge­schmück­ten Büh­ne auf­tritt, zeig­te sich, wie man es von ei­nem re­ak­tio­nä­ren Mu­si­ker er­war­tet. Im Sen­der Fox News, der Stim­me der Kon­ser­va­ti­ven in den USA, mein­te er über Geg­ner der Süd­staa­ten­flag­ge: „Sa­gen Sie den Leu­ten, die pro­tes­tie­ren, dass sie mich mal gern­ha­ben kön­nen.“
Die Ta­ge bin ich dann auch mal wie­der auf ei­nen Pres­se­text ge­sto­ßen, der ei­nen Eh­ren­platz in mei­ner Samm­lung „Wasch­zet­tel des Mo­nats“ be­kommt, da än­dern auch dort zi­tier­te Lo­bes­hym­nen von Spie­gel On­line („Das Auf­re­gends­te, was deut­sche Pop­mu­sik ge­ra­de zu bie­ten hat.“) oder Rol­ling Sto­ne („Die Art, wie sie singt, ist hier die Sen­sa­ti­on. Ei­ne ech­te Ent­de­ckung.“) nichts.

... mehr im Heft.