Folker-Logo   Abo   Mediadaten/Anzeigen


Suche
   Intern   Über uns


Kontakt/Impressum/Datenschutz

       
Backkatalog   Ausgabe Nr. 6/2015   Internetartikel
»Man muss sich nicht die Köpfe einschlagen.«
Pera Ensemble

5 Minuten mit ...


Weitere Artikel aus der Rubrik 5 Minuten mit ... in dieser Ausgabe:

Falk

Masaa

Schwarz un Schmitz





[Zurück zur Übersicht]



Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

Oder gleich zum (Schnupper-)Abo.






Aktuelles Album:

Momenti D’Amore
(Berlin Classics/Edel, 2015)


Cover Momenti d'Amore


Pera Ensemble

Ein Gott und drei Kulturen

„Gottes ist der Orient! / Gottes ist der Okzident! / Nord- und südliches Gelände / Ruht im Frieden seiner Hände.“ Der Leiter des ambitionierten Pera Ensembles Mehmet C. Yesilçay bezog sich mit dem Namen für sein wohl größtes Projekt „Music for the One God“ auf keinen anderen als auf Johann Wolfgang von Goethe und sein Gedicht aus dem West-östlichen Divan. Zusammenführung und Auseinandersetzung, beides sei gleichermaßen wichtig, meint Yesilçay, der 1959 in Istanbul geboren wurde und seit seiner Kindheit in München lebt.

Text: Ulrike Zöller

„Music for the One God“, Musik für den einen Gott der drei monotheistischen Weltreligionen, des Islams, des Judentums und des Christentums. Wo immer das Ensemble auftritt, bewegt es im doppelten Sinn: die Schülerchöre, die örtlichen Ensembles oder Solisten, die mit der Stammformation des Pera Ensembles zusammen konzertieren, sich mit dem einigenden Gedanken der drei Religionen und Kulturen auseinanderzusetzen – und die Gemüter in einer Weise, die theoretische oder politische Statements vor oder nach dem Konzert völlig unnötig machen. Wie beispielsweise bei einem Auftritt in München im Januar 2015, als der Sänger Bekir Büyükbas eine Koransure vortrug, die Maryam, die Jungfrau, die Jesus Christus gebar, besingt. Oder als im gleichen Konzert auf der großen Bühne die Sängerin Michal Elia Kamal bescheiden, ohne pompöse Bühnenkleidung auftrat, mit dem über hundertzwanzigköpfigen Ensemble von Sängern und Instrumentalisten im Hintergrund und vor ihr ein Publikum, das den Atem anhielt.
Kamal ist eine jüdische Sängerin aus einer iranischen Familie, die in Tel Aviv aufgewachsen ist und heute in Istanbul lebt. Dort hatte Yesilçay sie als Straßensängerin kennengelernt und sie gefragt, ob sie sich vorstellen könnte, bei dem Projekt „Music for the One God“ mitzuwirken. Insofern stand sie quasi für den Namen des Ensembles: Pera heißt der Stadtteil Istanbuls, in dem das Goldene Zeitalter nachwirkt und nach dem das Ensemble benannt wurde. „Pera hat ja schon vor den Osmanen existiert, da waren Wand an Wand eine Moschee und eine Synagoge. Das ist ein Beispiel dafür, dass man sich nicht die Köpfe einschlagen muss“, erklärt Yesilçay. Um das friedliche Zusammenleben von Juden, Muslimen und Christen zu demonstrieren, taucht er gern in die Vergangenheit ein, in die Zeit von Alfons X., des musizierenden und komponierenden Königs von Kastilien. Der aus dem Hause Hohenstaufen stammende Alfons gründete im dreizehnten Jahrhundert in Toledo eine Übersetzerschule mit Juden, Muslimen und Christen, die den Europäern jüdisches und arabisches Wissen über Religion, Philosophie, Literatur und Naturwissenschaften nahebrachte: ein goldenes Zeitalter und Hochblüte der westöstlichen Kultur, die bis Ende des vierzehnten Jahrhunderts anhielt.

... mehr im Heft.