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»Insbesondere Immigranten aus dem deutschsprachigen Raum formten die Volkstanzszene Palästinas und später Israels.«
Israelische Tanzgruppe auf dem Tanzfestival in Karmiel 1998 * Foto: Matti Goldschmidt

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Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

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Buchtipps:


Fred Berk (Hg.), Ha-Rikud, the Jewish Dance, USA, 1972

Matti Goldschmidt, Die Bibel im israelischen Volkstanz, Viersen, 2001

Judith Brin Ingber (Hg.), Seeing Israeli and Jewish Dance, Detroit, 2011

Susan Reimer (Hg.), Machol Ha’am: Dance of the Jewish People, USA, 1978


Alles begann in Palästina

Der israelische Tanz in seinen Anfängen und dessen Vorläufer

Eine „sehr interessante und spannende Frage“ stellten sich die Veranstalter des bevorstehenden Yiddish Summer in Weimar im Vorfeld in Bezug auf den diesjährigen Tanzworkshop des Festivals, nämlich, welche Tanzkulturen neben der chassidischen und arabischen den israelischen Volkstanz maßgeblich geprägt haben. Als besonders wichtig erachteten sie in dem Zusammenhang, welche Rolle dabei der jiddische Tanz spielte. Zur Debatte steht vom 8. bis 12. August unter anderem, wie dieser in den 1930er- und 1940er-Jahren eine ganze Welle neuer israelischer Tanzchoreografien beeinflusst haben soll.

Text: Matti Goldschmidt

Bereits zu biblischen Zeiten und ohne Unterbrechung bis heute ist der Tanz für Juden eine tragende Komponente ihrer soziokulturellen Entwicklung. Getanzt wurde eigentlich schon immer. Man denke an den Tanz um das goldene Kalb oder an den Mirjams nach der Überquerung des Roten Meeres im Buch Exodus. Wurde im Christentum bereits im Frühmittelalter durch kirchliche Verordnungen das Tanzen wesentlich eingeschränkt, waren die Juden davon nicht betroffen, die nun offen gewordene Nischen belegen konnten. Die etwa ab dem fünfzehnten Jahrhundert entstandene nichtliturgische Klezmermusik galt bis etwa 1930 als reine Tanzmusik, beispielsweise in Form des Freilach oder des Bulgar. Juden der zweiten und dritten Alija, der Einwanderungswellen nach Palästina 1904 bis 1914 und 1919 bis 1923, die im Wesentlichen aus Russland und Polen kamen, brillierten entweder im klassischen Bühnentanz wie der aus Odessa stammende Baruch Agadati oder brachten Volkstänze ihrer alten Heimat mit, etwa Polka, Rondo oder Krakowiak. Die ursprünglich rumänische Hora mutierte in simplifizierter Form sogar zum jüdisch-palästinensischen Nationaltanz.
Schon in den Zwanzigerjahren gab es nicht nur, aber vor allem im Kibbuz Ben Schemen nahe der Stadt Lydda (heute Lod) entsprechende Tanzfestivitäten. Insbesondere Immigranten aus dem deutschsprachigen Raum sollten in den folgenden zwei Jahrzehnten die Volkstanzszene Palästinas und später Israels formen. Gertrude Kaufman, geborene Löwenstein und gebürtig aus Leipzig, plädierte in einem Artikel der gewerkschaftseigenen Tageszeitung Davar in der Ausgabe vom 5. August 1938 unter der Überschrift „Rikud Amami“ („folkloristischer Tanz“) dafür, die Volkstänze der Diaspora, namentlich derjenigen Osteuropas, durch eigene, neu zu kreierende zu ersetzen. Die üblichen kulturellen Eckpfeiler einer Nation im europäischen Sinne wie Sprache, Literatur und Theater in wiederbelebtem Hebräisch sowie Musik und Malerei mit überwiegend bibelbezogenen Themen sollten nun durch den Tanz erweitert werden.

Der zwölfte Yiddish Summer Weimar findet vom 15.7. bis 12.8.2017 statt. Das komplette Programm findet sich auf yiddishsummer.eu.

... mehr im Heft.