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Backkatalog   Ausgabe Nr. 3/2017   Internetartikel
»Die Měchawa erweckt den Anschein einer Art Prototyp aller westslawischen Böcke.«

Zeitsprung

Mit dieser Serie möchte der Folker den Blick auf die musikalischen Wurzeln von Folk, Lied und Weltmusik lenken. In loser Folge berichtet Ralf Gehler über Musikantengruppen und historische Persönlichkeiten, die das musikalische Leben in früheren Zeiten prägten.

In dieser Ausgabe schreibt er über

Originalgetreu nachgebauter Měchawa von Steffen Kostorz, 1989

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Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

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Buchtipp:

Josef Režný, Der sorbische Dudelsack
(Domowina-Verlag, 1993)



Die Měchawa des Hanso Schuster

Ein Dudelsack mit Familienanhang

Es hat sich langsam herumgesprochen, dass der Dudelsack ein wichtiger Bestandteil der traditionellen Musik Mitteleuropas war und mittlerweile wieder ist. In Deutschland und Österreich erfährt jenes Instrument, welches im siebzehnten Jahrhundert „Schäferpfeife“ genannt wurde, seit den Siebzigerjahren eine Renaissance. Es existiert keine direkte Vermittlung einer Spieltradition, kaum nachweisbares Originalrepertoire und nur ein einziges vollständig erhaltenes Exemplar – im Kunsthistorischen Museum in Wien. Trotz dieser schlechten Ausgangsbedingungen ist die Schäferpfeife wohl der beliebteste Dudelsack der mitteleuropäischen Bordunszene.

Text: Ralf Gehler

Ganz anders ergeht es einer Dudelsackkultur mitten in Deutschland, die eine ungebrochene Tradition bis ins zwanzigste Jahrhundert vorweisen kann und von der mehrere verschiedene Exemplare in Museumssammlungen erhalten sind. In diesem Fall weiß man um die Musikanten der Vergangenheit und kennt einen Teil des historischen Repertoires. Die Rede ist von der Musik der Lausitzer Sorben im südlichen Brandenburg und nördlichen Sachsen, unweit der polnischen Grenze. Seltsamerweise entdeckt die Szene das hier brachliegende musikalische Potenzial nicht.
Betrachten wir ein Beispiel. Der 1910 geborene Hanso Schuster-Šewc aus Trebendorf musizierte bis in die Achtzigerjahre auf einer sogenannten Měchawa, dem kleineren der beiden sorbischen Dudelsacktypen, einem Instrument aus Familienbesitz. Es wurde 1797 erbaut und stellt somit ein Fenster in eine Vergangenheit dar, in der der Dudelsack nicht nur bei den Sorben Teil des musikalischen Lebens war, sondern von Mecklenburg bis Bayern erklang. Tanzmusik und Brautzug waren die Metiers der Měchawa. Schuster musizierte auf dem Instrument seit den Zwanzigerjahren und erlernte sein Spiel bei seinem Großvater Matej. Seine Měchawa erklang im traditionellen Ensemble mit der Huslički, einer kleinen, hochgestimmten Geige, die in der Form früherer Tanzmeistergeigen in der sorbischen Kultur zu finden ist. Dieses Ensemble – Bock und hochgestimmte Geige – waren typisch für das siebzehnte und achtzehnte Jahrhundert, auch außerhalb des Sorbenlandes.

... mehr im Heft.