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Backkatalog   Ausgabe Nr. 6/2015   Internetartikel
»Die Ambassadeurs sind keine Jukebox für die Hautevolee gewesen, sondern eine Band fürs Volk.«
Les Ambassadeurs * Foto: Coumba Makalou

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Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printversion, das Heft kann bestellt werden unter www.irish‑shop.de.

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Auswahldiskografie:

Les Ambassadeurs:

Rebirth
(EP; World Village, 2015)

Les Ambassadeurs Du Motel De Bamako
(Do-CD; Sterns/Alive, 2014; Kompilation der Jahre 1975-1977)

Tounkan/Mana Mani
(Universal, 2010; Re-Release)

Les Ambassadeurs Internationaux
(Celluloid, 1982)

Tounkan
(Sako Production, 1981)

Mana Mani
(Sako Production, 1981)

Mandjou
(Amons Records, 1978)

Vol.1: Les Ambassadeurs Du Motel De Bamako
(Sonafric, 1977)

Vol.2: Les Ambassadeurs Du Motel De Bamako
(Sonafric, 1977)

Les Ambassadeurs Du Motel
(Sonafric, 1976)

Kanté Manfila & Salif Keita:

Dans L’Authenticité Vol. 1 & 2
(Badmos, 1979)


Cover Rebirth


Stammbaum des Afropop

Salif Keita und Les Ambassadeurs

Die Väter kehren zurück


Wie kaum eine andere Band Schwarzafrikas haben sie mit Salif Keita den modernen Afropop begründet. Was für den Senegal die Star Band und Étoile de Dakar, für die Demokratische Republik Kongo Francos Formation TPOK Jazz sind, das sind für Mali Les Ambassadeurs. In ihrer relativ kurzen Karriere von fünfzehn Jahren spiegelt sich die bewegte Historie der Südsahara von 1970 bis 1985 und die goldene Ära der malischen Musik wider. Stilbildend für die afrikanische Popmusik, überstanden die „Botschafter“ Militärputschs, den Umzug ins ivorische Abidjan und feierten schließlich Erfolge in Paris. Heute, nach dreißig Jahren Pause, spielt Salif Keita mit einigen der legendären Herren wieder auf Festivals von Roskilde bis Rudolstadt.

Text: Stefan Franzen

Um Ordnung in diese Geschichte zu bringen, die dem Nigerfluss gleich mäandert und sich immer wieder verzweigt, ist es am besten, man fängt bei der Konkurrenz an. Ein Widerspruch? Nein, denn das Besondere an den Ambassadeurs du Motel de Bamako, so ihr ursprünglicher Name, lässt sich am besten herausmeißeln, wenn man zunächst ihre „Widersacher“ unter die Lupe nimmt. Das sind die neun Herren in goldenen Hemden und leuchtend blauen Hosen, die auf dem Cover ihres Debütalbums vor einer riesigen Lokomotive posieren. Ein passendes Motiv, bilden sie doch die Rail Band vom Hotel de la Gare, Bamako, jene Combo, die allnächtlich zur Unterhaltung im Bahnhofsbüffet von Malis Hauptstadt aufspielt. Ihr Repertoire integriert afrokubanische Klänge und kongolesischen Soukous, stützt sich vor allem aber auf die Musik der Mandevölker: epische Preisgesänge der Griots und Lieder der Jägerkaste, die in einer modernisierten, tanzbaren Form mit traditionellen Instrumenten, aber auch Bläsern und E-Gitarren vorgetragen werden. Im Zentrum schon damals, im Jahr 1970, der junge Sänger Salif Keita, der seine Ahnenlinie auf Sunjata Keita, den Gründer des Mali-Reiches im dreizehnten Jahrhundert zurückführt. Da er somit ein Adeliger ist, verbietet ihm die Tradition, zu musizieren. Der Tabubrecher Keita wird ob seiner musikalischen Aktivitäten vom eigenen Vater verjagt und leidet zudem unter dem Handicap des Albinismus: Hellhäutige leben in seiner Kultur gefährlich, sind Objekt von Fetischhandlungen und werden mitunter sogar umgebracht.
Dass Salif Keita bei der Rail Band Unterschlupf findet, ist für ihn zunächst ein Glücksfall, die Formation steht unter finanziellem Schutz des Informationsministeriums und der Bahnhofsverwaltung. Er ist mit seiner hellen, ungeheuer flexiblen Stimme ohne Zweifel der Star der Truppe. Doch unten am Nigerfluss, im Schatten der Mangobäume lockt ein anderes Abenteuer. Verantwortlich dafür ist Lieutenant Tiékoro Bagayoko, jener Mann, der beim Militärputsch von 1968 den Staatspräsidenten Modibo Keita verhaftete, nachdem dieser die junge sozialistische Demokratie Malis in eine autokratische Schreckensherrschaft verwandelt hatte. Bagayoko gönnt sich im Motel am Fluss ein eigenes Orchester, das er zu heftigen Wettbewerbern der Rail Band aufgebaut hat. Seine Reihen sind international besetzt: Leader und Saxofonist Moussa Cissokho ist Ivorer, Sänger Ousmane Dia wurde von der Star Band aus Dakar hergelockt, der wenig später hinzustoßende Gitarrist Kanté Manfila stammt aus Guinea, sein Saitenkollege Idrissa Soumaoro ist Malier. Noch weltgewandter jedoch ist das Repertoire – mit Salsa, Son, Calypso, Funk, Rock ’n’ Roll, französischem Chanson, sogar gelegentlichen Ausflügen ins Arabische und Chinesische. Denn Aufgabe der Ambassadeurs ist es auch, die Wünsche der illustren Gäste Bagayokos – Verteter der Junta-Elite, Geschäftsleute und Diplomaten – zu erfüllen. Kein Zweifel: Das Programm der Ambassadeurs ist spannender als das der Truppe vom Bahnhof. Die Faszination Keitas, der nicht nur Griotsongs aufwärmen will, siegt: 1973 lässt er sich von Kanté Manfila abwerben, bei der Rail Band ersetzt ihn ein junger Guineer namens Mory Kanté.

... mehr im Heft.


Les Ambassadeurs 2015 * Foto: Michael Pohl
Les Ambassadeurs 2015 * Foto: Michael Pohl